Politik in Nordmazedonien: Mann mit großen Plänen
Ali Ahmeti will Ministerpräsident Nordmazedoniens werden – mit elf Prozent der Stimmen. Schon sein Leben lang ist er ein kompromissloser Kämpfer.
Dass Ali Ahmeti auch kompromissloser Kämpfer sein kann, zeigt seine Geschichte. 1959 geboren, gelang Ahmeti der Sprung an die Universität von Prishtina, wo er von 1979 bis 1983 Philosophie studierte. Er gehörte zu jenen Studenten, die 1981, nach Titos Tod, die Studentenproteste gegen die Diskriminierung der Albaner in Jugoslawien anführte.
Die Studenten wollten Kosovo zu einer gleichberechtigten Republik im damaligen Jugoslawien machen. Serbische und jugoslawische Medien erbosten sich über die „Irredentisten“ und forderten harte Strafen. Der Ruf nach Freiheit brachte Ahmeti ein Jahr Gefängnis ein. Er organisierte die Studentenbewegung im Untergrund, musste aber das Land verlassen und bekam politisches Asyl in der Schweiz.
Natürlich war Ahmeti dort Organisator von Protesten der albanischen Diaspora in Europa. 1988 wurde er Anführer der Nationalen Bewegung für die Befreiung Kosovos, 1993 auch Kopf des militärischen Widerstands. So gehörte Ali Ahmeti von Beginn an zu den Inspiratoren für die Kosovo-Befreiungsarmee UÇK und seit 1998 zu deren Führung.
Nationale Befreiungsarmee NLA in Mazedonien gegründet
Die Albaner sahen sich auch im seit 1991 unabhängigen Staat Mazedonien als unterdrückte Minderheit. Sie forderten, Albanisch als gleichberechtigte Amtssprache in Mazedonien einzuführen. Der erfahrene UÇK-Kämpfer Ahmeti griff diese Stimmung auf. Nachdem er 1999 in seine Heimat zurückgekehrt war, gründete er die Nationale Befreiungsarmee NLA in Mazedonien.
Die mazedonische, Slawisch sprechende Mehrheitsgesellschaft reagierte mit noch mehr Nationalismus gegenüber den Albanern. Die Polizei provozierte Zwischenfälle. Plötzlich zeigten sich Kämpfer der UÇK in Uniform, im Frühjahr 2001 kam es zu heftigen Kämpfen. Albanische Dörfer gerieten unter Artilleriebeschuss, andererseits trugen UÇK-Kämpfer den Krieg bis nach Skopje.
Mit US-amerikanischer und europäischer Hilfe konnte jedoch im August 2001 in Ohrid ein Friedensvertrag unterzeichnet werden. Albanisch wurde Amtssprache, Albaner sind in der Polizei und der Verwaltung präsent. Im Gegenzug sorgte Ali Ahmeti für die Demobilisierung der UÇK.
Nach 2002 wurde seine Partei die stärkste Albanerpartei im Lande, mit der sich zuerst die Sozialdemokraten, dann 10 Jahre lang die VMRO-DPMNE-Regierung verbanden. Ali Ahmeti regierte all diese Jahre mit. Heute, nach den Wahlen am Mittwoch, fordert er nichts weniger als Ministerpräsident zu werden, wenn er in eine neu formierte Regierung eintreten soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag