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■ Polen braucht Privatsender - aber andere ZulassungsregelnKonkurrenz belebt

Polen braucht Privatsender – aber andere Zulassungsregeln

Konkurrenz belebt

Polens private Fernsehstationen sind unprofessionell, billig und konzeptionslos, sieht man von einer Unmenge ausländischer Seifenopern ab. Die erfreuen sich aber bei Polens Zuschauern großer Beliebtheit. Publizistik und Diskussionen gibt es nur, weil das TV-Gesetz verlangt, daß mindestens ein Drittel der Sendezeit mit polnischen Produktionen bestritten wird. Da ist es am einfachsten und billigsten, eine Handvoll professioneller Quasselstrippen möglichst nach Mitternacht vor die Mikrophone zu stellen. Reportagen aus dem Ausland sind zu teuer – die bringt selbst das staatliche Fernsehen nur ausnahmsweise. Meistens spricht der Korrespondent per Telefon zu einem mehr oder weniger passenden Standbild.

Dennoch ist es gut, daß es private Sender gibt, denn trotz allem haben sie das staatliche Fernsehen zu Reformen gezwungen. Während sich das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen immer mehr dem seichten Unterhaltungsmatsch der kommerziellen Sender anpaßt, hat die Konkurrenz in Polen dazu geführt, daß das staatliche Fernsehen nicht genauso viele doofe Importserien zeigt, sondern seine Publizistik- und Nachrichtensendungen verbessert hat. Auch längst nicht alle Privatsender, die bisher über den Äther flimmern, versuchen, dem staatlichen Koloß mit Unterhaltung, Show oder zittrigen Brutalovideos die ZuschauerInnen abspenstig zu machen.

Polen braucht Privatsender, um den staatlichen Koloß aus seinem vierzigjährigen Dornröschenschlaf zu wecken. Aber das heißt noch lange nicht, daß die Art und Weise, wie die Zulassung von Privatsendern abläuft, den ZuschauerInnen, die sich für mehr als nur die nächste Ausgabe ihrer Programmzeitschrift interessieren, gefallen könnte. Die einzige Lizenz für einen landesweiten Privatsender erhielt ein Mann mit offensichtlichen Geheimdienstkontakten, einer dunklen Vergangenheit und dunklem Finanzgebaren. Er versuchte nicht einmal, sich gegen den Vorwurf zu erwehren, er habe sein Geld in der Grauzone der Schattenwirtschaft auf recht dubiose Art und Weise gemacht. Dennoch erhielt er den Zuschlag – andere, seriösere Bewerber hatten das Nachsehen. Aneta Krawczyk

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