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Polen-Vertrag: Bonn setzt sich durch

 ■ Von Ferdos Forudastan

Bonn (taz) — Helmut Kohl kann zufrieden sein. Schon bevor er sich morgen mit Tadeuz Mazowiecki in Frankfurt/Oder trifft, weiß der Bundeskanzler: Polens Premierminister wird nichts verlangen, was die Bundesregierung nicht gewähren will. Und gegen das, was die Bundesregierung den Polen zumutet, wird Mazowiecki sich nicht wehren können.

Zum Beispiel der nun ausgehandelte sogenannte Minderheitenschutz für die deutsche Volksgruppe in Polen. Warschau habe nun die Notwendigkeit einer Minderheitenregelung nach internationalem Standard akzeptiert, so wurde es gestern in Bonner Regierungskreisen formuliert. Nach „dem Prinzip der Gegenseitigkeit“, nach internationalen Abkommen und der Menschenrechtskonvention sollen in der nächsten Zeit Einzelheiten ausgehandelt werden.

Zum Beispiel der Vertrag über die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens. In Warschau wünscht man sich eigentlich, daß er noch vor der Bundestagswahl unterzeichnet wird. Da Helmut Kohl nicht Vertriebenen-Stimmen aufs Spiel setzen will, erkennt Bonn die Westgrenze Polens erst zwischen Januar und April vertraglich an. Ein Kanzlerberater beschrieb die Rücksichtnahme auf den rechten Unionsrand gestern so: Man wolle die Vertragsverhandlungen aus dem Wahlkampf heraushalten. Überdies sei das polnische Parlament noch kein freigewähltes und sei deshalb zum Ratifizieren eines solchen Vertrages nicht geeignet. Wie von der Bundesregierung geplant und von Warschau nicht gewollt, verhandeln Kohl und Mazowiecki morgen parallel über den Grenzvertrag und die Rechte der Vertriebenen — beides wird gekoppelt, obwohl Bonn international zugesichert hat, die Grenze ohne Wenn und Aber anzuerkennen.

Zum Beispiel die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter. Weil die Bundesregierung nichts zahlen will, wird über dieses Anliegen der Polen morgen in Frankfurt/Oder nicht gesprochen. In dieser Frage habe sich ja noch nicht einmal die Bundesregierung selbst entschieden, wehrte gestern ein Mitarbeiter des Kanzlers ab.

Zum Beispiel der von Polen geforderte Schuldenerlaß: Was Warschau sich da vorstelle, sei nicht drin, beschied man in Regierungskreisen.

Zum Beispiel schließlich die Visumpflicht für Polen: Wann sie abgeschafft wird, erfährt Tadeuz Masowiecki auch morgen nicht. Zuerst müsse man sich mit den westlichen Nachbarländern über diese Frage verständigen, hieß es gestern in Bonn dazu lediglich.

In dem Frankfurter Treffen — wie in folgenden mit Vertretern Ungarns, der CSFR, der Sowjetunion und Rumäniens — sieht sich die Bundesregierung nach den Worten eines Kanzlerberaters so: „Als Anwalt der Nachbarn im Osten“.

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