: Polen: Kein Fernsehen für die Partei
■ Designierter Regierungschef Mazowiecki lehnt Abkommen mit Kommunisten vor seiner Wahl ab / Harsche Angriffe des Solidarität-Vorsitzenden Walesa gegen die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei
Warschau (afp) - Mit harschen Worten hat der Vorsitzende der polnischen Gewerkschaft „Solidarität“, Lech Walesa, am Montag die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PVAP) angefahren und sie aufgefordert, „sich an die Arbeit zu machen“. In einer in Danzig veröffentlichten Presseerklärung forderte der Arbeiterführer die Kommunisten zudem auf, die „Solidarität“ nicht länger zu stören. Statt Drohungen sollten sie endlich positive Schritte ergreifen. Der designierte Regierungschef Tadeusz Mazowiecki unterstrich vor Journalisten, daß er vor seiner Bestätigung durch das Parlament (Sejm) keine Verhandlungen mit der PVAP führen werde. Er stellte damit klar, daß er sich dem Druck der Kommunisten nicht beugen will.
Walesa und Mazowiecki reagierten beide auf eine Resolution des Zentralkomitee der PVAP vom Sonntag abend. Das ZK machte darin seine Unterstützung für den nominierten Regierungschef von einem umfangreichen Kooperationsabkommen zwischen Kommunisten und der Solidarität abhängig. Dieses Abkommen müsse noch vor Mazowieckis Bestätigung im Amt des Ministerpräsidenten durch das Parlament abgeschlossen werden, hieß es in der ZK-Resolution.
Mazowiecki betonte erneut, daß seiner Ansicht nach einzig eine aus allen im Parlament vertretenen Gruppen gebildete Regierung Polen aus der Krise führen könne. Er hoffe, daß er die Regierungsbildung bis Ende August abschließen könne.
Der Fraktionsführer der Solidarität, Bronislaw Geremek, erklärte, das Informationsmonopol dürfe keinesfalls in den Händen der PVAP bleiben. „Sie werden Armee und Polizei bekommen“, betonte Geremek unter Hinweis auf die politischen Realitäten im Ostblock. „Doch die Information können sie nicht haben. Die Wirtschaftsreform kann nicht ohne Demokratisierungsprozeß verwirklicht werden.“ Die Vorstellung einer Regierung ganz ohne Beteiligung der Kommunisten berühre jedoch die „rote Linie“ in der Beziehung zur UdSSR. „Man muß die rote Linie erraten und darf sie niemals übertreten“, betonte der Fraktionsführer. Solidarität rechnet im Falle einer Regierungsbildung mit zehn Milliarden Dollar Auslandshilfe. Daneben soll noch einiges mehr fließen. In einem Interview mit der 'Bild -Zeitung‘ sprach sich Walesa für die Eröffnung bundesdeutscher Bankniederlassungen in Polen aus. Die polnische Bevölkerung habe „drei bis fünf Milliarden Dollar in den Socken gehortet“, die sie keiner kommunistischen Bank anvertrauen wolle, wohl aber einer westlichen. Mit diesem Geld könne Polen dann seine Reformen bezahlen. „Macht doch bei uns das Geschäft!“ sagte Walesa.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen