Plakettenpflicht im Süden Deutschlands: Rußfilterlose müssen draußen bleiben
Im Süden dürfen vielerorts nur noch Autos mit Plaketten fahren. Doch die Bilanz aus bestehenden Umweltzonen zeigt: Feinstaubgrenzwerte werden trotzdem überschritten.
Das Stuttgarter Neckartor ist die verstaubteste Ecke Deutschlands. 2007 lag dort die Konzentration an gesundheitsgefährdenden Staubpartikeln an 110 Tagen über dem EU-Grenzwert, 2008 waren es bis Mitte Februar schon wieder 25 Tage. Das soll nun anders werden. Ab dem 1. März dürfen in Stuttgart nur noch Fahrzeuge fahren, die halbwegs sauber sind - und das mit einer grünen, gelben oder roten Umweltplakette beweisen können. Diesel ohne Rußpartikelfilter und Benziner ohne Kat müssen draußen bleiben. Auch Mannheim, Ludwigsburg, Leonberg, Schwäbisch Gmünd, Reutlingen, Tübingen und Ilsfeld haben neue Umweltzonen eingerichtet. Damit folgen sie Berlin, Köln und Hannover, die dreckige Fahrzeuge bereits seit dem 1. Januar ausgesperrt haben.
Für Umwelt und Gesundheit darf man sich aber nicht zu viel versprechen. Das zeigt eine erste Bilanz. Am Clevischen Ring in Köln etwa lag die Feinstaubbelastung auch nach Einführung der Umweltzone schon 11-mal zu hoch, für das gesamte Jahr gestattet die EU 35 Tage mit überhöhten Werten.
Feinstaubexperten sehen dafür zwei Gründe: handwerkliche Fehler bei der Ausgestaltung und gleichzeitig eine zu starke Konzentration auf die Umweltzonen. "Die Politik hat die Nachrüstfilter für Dieselfahrzeuge nicht ausreichend kontrolliert", sagte Verkehrsexperte Werner Reh vom Umweltverband BUND. Die Folge: Mindestens 40.000 der neu eingebauten Filter schaffen es nicht, die geforderten 30 Prozent Dieselruß auszufiltern. Bundesumweltminister Siegmar Gabriel (SPD) bot den getäuschten Autobesitzern zwar an, die Filter kostenlos austauschen zu lassen. Zugleich aber erklärte er, sie dürften Plakette und Steuerbonus auf jeden Fall behalten: Nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe haben die Werkstätten bislang nicht einmal 1.000 der fehlerhaften Systeme ersetzt.
Die eigentliche "Tragödie der Umweltzone" sieht Verkehrsexperte Reh aber ebenso wie etwa Tübingens grüner Bürgermeister Boris Palmer darin, dass die Diskussion über die Feinstaubbekämpfung auf das Für und Wider sowie die Ausgestaltung der Umweltzonen reduziert worden ist. "Dabei wird die Gesundheitsbelastung durch Feinstaub nur geringer, wenn generell weniger Fahrzeuge in den Innenstädten fahren", sagt Reh. Dieselruß macht in Innenstädten zwar etwa die Hälfte des Feinstaubs aus, ein weiteres Viertel jedoch entsteht durch Reifen- und Asphaltabrieb beim Beschleunigen und Bremsen. Zudem würden weniger Autos auch weniger Stickoxide ausstoßen.
Die Umweltzonen sperren in der ersten Stufe, in der auch noch Autos mit roten Plaketten fahren dürfen, nur drei bis fünf Prozent aller Fahrzeuge aus. In Stuttgart entsprechen gerade mal 11.000 Pkw nicht den Anforderungen, 10.000 davon lassen sich nachrüsten. Wissenschaftler meinen deshalb, dass der Feinstaubausstoß in der Landeshauptstadt durch das neue Fahrverbot um höchstens drei Prozent sinkt.
"Man kann sich nicht auf den Umweltzonen ausruhen, wenn man gesunde Städte will", sagt BUND-Experte Reh. Andere Länder sind da schon weiter. London, Paris, Zürich und Kopenhagen zeigen, dass Innenstädte auch mit weniger Autoverkehr funktionieren können.
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