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Plagiatsvorwürfe gegen GuttenbergRückendeckung aus der Union

Angela Merkel und Wolfgang Schäuble stützen in der Diskussion um die Plagiatsvorwürfe den Verteidigungsminister. Guttenberg wird voraussichtlich am Freitag eine Erklärung abgeben.

Die ersten Stimmen fordern schon den Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg. Bild: dapd

BERLIN dpa/dapd | Angesichts der Debatte über Schummeleien in seiner Doktorarbeit will Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg an diesem Freitag voraussichtlich eine Erklärung abgeben. Der 39 Jahre alte CSU-Politiker war am Donnerstagabend im Kanzleramt gewesen, um mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen zu beraten.

Wie die Nachrichtenagentur dapd am Freitag in Berlin erfuhr, sagte die CDU-Chefin ihrem Minister Unterstützung zu, sofern er sich zu den Vorwürfen erkläre, er habe Teile seiner Doktorarbeit ohne korrekte Quellenangabe abgeschrieben. Unionspolitiker nahmen ihn in Schutz. Plagiatsjäger listen im Internet mehr als 80 Textstellen auf, die Guttenberg abgekupfert haben soll, ohne korrekt darauf hinzuweisen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nahm Guttenberg in Schutz. "Ihm zu unterstellen, dass er die ganze Doktorarbeit abgeschrieben haben soll, (...) wird dem Charakter dieser Arbeit überhaupt nicht gerecht", sagte er am Freitag im Deutschlandfunk. "Jedem passiert auch mal vielleicht ein Fehler." Er empfahl aber, so rasch wie möglich Klarheit zu schaffen. Auf die Frage, ob Guttenberg wegen dieser Affäre zurücktreten müsse, sagte Schäuble: "Wir müssen zunächst einmal warten (...) und den Sachverhalt aufklären."

Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) forderte in der Rheinischen Post Geduld bei der Prüfung der Vorwürfe. "Ich finde, auch Minister haben den Anspruch, nicht vorverurteilt zu werden." Der Parlamentarische Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt (CSU) sagte im Hamburger Abendblatt: "Wenn die bisherigen Fußnoten nicht ausreichen, muss es eine zweite, verbesserte Auflage geben." CDU-Präsidiumsmitglied Philipp Mißfelder sagte im Deutschlandfunk: "Ich glaube, hier sind offenbar Fehler passiert." Dies könne er aber nicht abschließend beurteilen.

Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz legte dem Minister im Kölner Stadt-Anzeiger den Rücktritt nahe für den Fall, dass ihm der Doktortitel aberkannt wird. "Mit diesem Makel kann man nicht mehr Minister sein."

Die Universität Bayreuth hatte ihm am Donnerstag eine Frist von zwei Wochen gesetzt, um Stellung zu nehmen zu den Vorwürfen. Guttenberg hatte am Mittwoch Fehler nicht ausgeschlossen.

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18 Kommentare

 / 
  • A
    anja

    Zur Entscheidung des Tages...

     

    ich würde ja gerne bei diesem "Frage-Spiel" antworten..

    sehe aber keine korrekten Antworten für mich..

     

    z.B.

    Nein, das ist eine Lapalie und die Diskussion voller Häme. - Für mich ist es keine Lapalie .....

    aber ich will auch nicht, dass er

    zurücktritt....

  • H
    h.stoss

    Damit hat er sich doch erst recht für die Politikerkaste qualifiziert.

    Sind doch die Tugende, welcher es scheinbar heute bedarf.

     

    Was wird denn erwartet, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit, von Politikern, gar aus der CSU?

    Er mag zwar blaublütig sein, jedoch so blauäugig ist der deutsche Michel doch wirklich nicht.

    Das gelt, grinst er so weg man erinnere sich an Strauß, oder Typen wie Lampsdorf, Barschel usw.

     

    In der Beliebtheit wird der "Schwiegermuttertyp" erst sinken, wenn er sich auch noch als Kuckukskind entpuppt.

     

    Lustig, dass die ganze Zeit dies mehr Schein als Sein hochgeschrieben wurde, so viel weniger Fehler, wie Westerwelle hat er nun auch nicht gemacht.

     

    Man fragt sich eh, was er in der Politik will...zum Wohl des deutschen Volks?

     

    tssss

  • M
    Martin

    Welches Ausmass die Plagiate annehmen, kann man schoen auf dieser Seite mitverfolgen

     

    http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Plagiate

     

    Ich war echt geschockt, was sich der Herr Minister da erlaubt hat. Ich hab zwar nur ein Diplom und kenne die Promotionsordnung der Uni Bayreuth nicht, aber wenn ich damals bei meiner Diplomarbeit so betrogen haette, waer ich warscheinlich von der Uni geflogen. Und der Herr Minister von und zu Guttenberg bekommt ein "summa cum laude" dafuer. So ist es also mittlerweile um den Bildungsstandort Deutschland bestellt: Leistung ist egal, hauptsache man hat den richtigen Namen, kennt die richtigen Leute und hat das richtige Parteibuch.

  • R
    rauhfuß

    Mit sauberer und selbstsändiger wissenschaftlicher Arbeit scheinen es die Unionspolitiker wohl nicht so genau zu nehmen. Erst der Fall Schröder/Klöckner, jetzt Guttenberg. Warum beschwichtigen weitere Unionspolitiker?

     

    Es ist heute kein Problem mehr, korrekt zu zitieren, das übernimmt mittlerweile Zitiersoftware, die das automatisch macht und jede Menge Zeit spart. Und dass Guttenberg dafür kein Geld hat glaube ich nicht.

     

    Und wie sieht es bei seinem Doktorvater aus? Solch eine Menge an un- bzw. fehlztierten Textstellen müsste eigentlich auffallen. Hier sind Zweifel an dessen Kompetenz angebracht. Oder wird bei Blaublütigen anders bewertet?

  • H
    harry

    11 von 16 Ministern im Kabinett Merkel haben einen Dr.-Titel. Ich bin mal gespannt wie lange es dauert, bis die Dissertationen auch alle von der Webgemeinde unter die Lupe genommen werden.

     

    Das schöne daran ist ja, das man für dafür nur die Arbeit selbst, Google und senene gesunden Menschenverstand braucht.

     

    Also falls einer von der Herren/Damen Minstern auch noch eine Leiche im Keller hat ....

  • N
    nichtsdestotrotz

    Bedarf es denn erst dieses Plagiats, damit die breite Öffentlichkeit Guttenberg kritisch gegenübersteht? Dubiose Personalentscheidungen auf der Gorch Fock und Vertuschung von Informationen bezüglich des Beschusses eines Tanklastwagens in Afghanistan, dem vor allem Zivilisten zum Opfer fielen, schienen den Verteidigungsminister in seiner Funktion keinen Kratzer zugefügt haben. Aber jetzt hat der gute Mann nicht nur gelogen und vertuscht, nein er hat abgeschrieben! Da wird der Deutsche ungnädig - diese einfache Moral muss noch aus Grundschulzeiten stammen. Damals war abschreiben ja auch das schlimmste aller Delikte.

  • W
    Wolfgang

    "Angela Merkel und Wolfgang Schäuble stützen in der Diskussion um die Plagiatsvorwürfe den Verteidigungsminister"

     

    Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

    Altes Sprichwort

  • PD
    Prof. Dr. Manfred Wettler

    Die Verantwortung trägt weniger der Verteidigungdminister, sondern die Gutachter, die der Dissertation attestiert haben, es handle sich um eine eigenständige Arbeit, und der Betreuer der Arbeit, der es versäumt hat, Guttenberg auf die Regeln des Zitierens hinzuweisen.

    Blamiert hat sich die Universität Bayreuth.

  • S
    Schneider

    @Toby

    Vielleicht waren es "nichtbezahlte" Praktikanten...

  • A
    Andrea

    Hauptsache der Adelstitel ist echt, gel?

  • F
    FAXENDICKE

    Das kotzt mich alles nur noch an!

    So bis in die 80er Jahre hatten Politiker wenigstens noch so viel Rückgrat, dass sie bei weitaus geringfügigeren Verfehlungen zurücktraten und dann i.d.R. auf immer in der Versenkung verschwanden. Seit der CDU Spendenaffäre (Koch, Schäuble et al) bleiben diese inkompetenten, ahnungslosen, Betrüger und Lügenbolde einfach sitzen.

    Tolle Vorbildfunktion insbesondere für junge Menschen!

  • J
    Julius

    Kurz um, mit Ausnahme von vielleicht Cem Özdemir oder Christian Wulff kann kein Politiker der Gegenwart an Charisma und Ausstrahlung mit Karl Theodor zu Guttenberg mithalten.

     

    Völlig klar dass der weg muss! Wer da im Dreck gewühlt hat ist nicht bekannt. Man kann nur vermuten.

    Egal, nachdem man alles aber auch wirklich alles versucht hat, ist jetzt die Fackel endlich angezündet.

    Das Handwerk hat man trefflich im Malleus Meleficarum des Dominikaner Heinrich Kramer nachgelesen.

     

    Herzlichen Glückwunsch!

  • T
    Toby

    Zwei Wochen Frist? Na, hoffentlich kann sein Ghostwriter so kurzfristig!

  • CR
    Christian Rosenbaum

    Guten Morgen,

     

    ich finde dem Plagiatsvorwurf wird zu viel Gewicht beigemessen im Vergleich zu dem Umstand, dass hier jemand ganz dreist während er eigentlich einen Vollzeitjob als MdB hat, eine Dissertation verfasst!

    Nach meiner Erfahrung geht das nicht!

    Ich hätte auch gerne promoviert, aber ich mußte arbeiten!!

     

    HG

     

    Christian Rosenbaum

  • H
    Hanna

    Schäuble und Merkel sind doch die ersten, die rufen Sozialbetrug, 5 EURo reicht für Arbeitslose und Law-and-Order - wenn sie jetzt dem Verteidigungsminister seinen vermeidlichen Betrug bagatellisieren wollen, dann machen sie einen Fehler. Ein Minister muss vertrauenswürdig sein. Alles andere ist falsch und dazu gehört schon der Umstand, dass eine mit extrem guter Bewertung versehende Doktorarbeit Vertrauen schafft.

  • EF
    Ernst Frommeyer

    Auch Patzer der Lehraufsicht !

     

    Bei den Plagiatsvorwürfen gegen den Verteidigungsminister merkt man mehr und mehr raus, dass seine politischen Gegner gern ihre Suppe aufbereiten möchten, um den Minister zu schaden.Es ist schon erschreckend, wie öffentliche Sender den Vorgang nach allen Seiten wenden und längst gesagtes wieder aufwärmen.

     

    Der Plagiatsvorwurf mag berechtigt sein,die Voraberklärung des Ministers, die beanstandeten Textstellen in einer neuen Auflage zu kennzeichnen, sind schon ein deutlicher Hinweis, angerichteten Schaden zu heilen.

    Außerdem muß gerfragt werden, wieso den Gutachtern an der Uni in Bayreuth diese unmarkierten Textstellen nicht aufgefallen sind.

    Wer selber promoviert und habilitiert worden ist und später im Lehrbetrieb jahrelang etliche wissenschaftlichen Arbeitien betreut hat, entwickelt ein Gespür für Richtigkeit und Herkunft wissenschaftlicher Aussagen.

    Obendrein liegt eine Promotionsarbeit dem gesamten Fachbereich zur Ansicht vor.

    Der Fall stellt aber noch weitere wichtige Rückfragen an unsere Kopiergesellschaft. Wie steht es mit dem Schutz des geistigen und materiellen Eigentums? Wer Letzteres erwirbt, sieht sich einer gnadenlosen Besteuerung und Bestrafungsmentalität durch den Gesetzgeber bzw.Parteienstaat ausgesetzt.

     

    Ernst Frommeyer

  • GS
    Gotthard Stolle

    Warum heißt es bei Guttenberg eigentlich "schummeln"? Geistiger Diebstahl, in wahrscheinlich über 80 Fällen, ist schändlicher Betrug und beschäftigt so zurecht häufig sogar Gerichte. Bei angehenden Doktoren wird das in Deutschland geflissentlich übersehen, ist es doch heute an der Tagesordnung. Härter reragiert man da in der Musikbranche. Ist nur eine einzige Textzeile geklaut, droht bereits Vorstelligkeit beim Strafgericht.

  • F
    FriederGerstenschaum

    Wie sie sich alle mit dem feinen Herrn ins Boot setzten.

    Doktorvater, Merkel, Schäuble...die haben offensichtlich nichts zu verlieren.