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Plagiatsfall nun auch bei der SPDWieder ein Doktor, der keiner ist

Die Plagiatjäger haben wieder zugeschlagen, dieses Mal bei der SPD. Uwe Brinkmann, ehemaliger Parteifunktionär, soll in seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben.

Schlechte Kopie: Plagiierte Doktorarbeiten erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit bei deutschen Politikern. Bild: imago

BERLIN taz | Jetzt hat auch die SPD ihren Plagiatsfall. Laut der Plagiatsplattform "VroniPlag" hat der ehemalige SPD-Funktionär Uwe Brinkmann in seiner Doktorarbeit abgeschrieben: Auf beinahe 12 Prozent der 254 Seiten umfassenden Arbeit fänden sich abgekupferte Stellen.

In Brinkmanns 2010 veröffentlichter Dissertation mit dem Titel "Die Harmonisierung des europäischen Rüstungsmarktes im Spannungsfeld zwischen Art. 296 EGV und Art. 17 EUV" finden sich insgesamt 29 Seiten mit plagiierten Textstellen. Besonders auffällig: Für die ersten Seiten seiner Dissertation hat Brinkmann nicht nur den Text samt Fußnoten aus Thomas Roesers "Völkerrechtliche Aspekte des internationalen Handels mit konventionellen Waffen" (Drucker & Humbolt, Berlin 1988) übernommen – sondern auch sämtliche Rechtschreibfehler.

Die "Zeiten des Peleponnesischen Krieges" müsste eigentlich "Zeiten des Peloponnesischen Krieges" heißen. Sie sollten dem Doktorand der Fakultät für Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg als erstes Beispiel in der Geschichte der Rüstungsexporte dienen. Die Zahl der bei anderen Quellen abgeschriebenen Stellen steigt, seitdem VroniPlag mit der Untersuchung der Doktorarbeit am 4. Juni begann.

Guttenberg, aber eine Nummer kleiner

Brinkmanns Geschichte erinnert an Guttenberg, wenn auch eine Nummer kleiner. Ein ambitionierter Jungpolitiker, der mit 16 Jahren in die Hamburger SPD eintrat und fortan sein Handeln auf ein Karriere als Berufspolitiker richtete. Ein Parteifunktionär, der in einem 2003 veröffentlichten Spiegel-Artikel "Ran an die Macht" noch ankündigte, aus dem Schatten der Mandatsträger treten zu wollen, für die er als Referent so emsig ackerte: Er wolle bei "der nächsten Wahl in Hamburg 2004 in die Bezirksversammlung einziehen, vielleicht auch in die Bürgerschaft. Das ist ja eine Art Feierabend-Parlament, da kann ich vielleicht die Doktorarbeit nebenher machen."

Es kam anders: Er war wieder nur Büroleiter und persönlicher Referenten eines SPD-Kandidaten. Den Beriksvorsitz der Hamburger Jusos verlor er dann Mitte 2005 – die Parteikarriere am Boden. Ein Mandat in unerreichbare Ferne gerückt, entschied er sich, keine weiteren Parteiämter mehr zu bekleiden.

Ehemalige Kollegen beschreiben ihn als ehrliche Haut

An der Doktorarbeit, an der er bereits 2003 begonnen hatte, zu arbeiten, hat er sich wohl ebenso überhoben wie an seiner Karriere als Berufspolitiker. Nicholas Gildemeister, Sprecher der Jusos in Hamburg, ist überrascht: "So habe ich Uwe nicht kennengelernt." Noch in einer 2008 veröffentlichten Magazin der Hamburger JungsozialistInnen beschreibt er, in Funktion des stellvertretenden Landesvorsitzenden, Brinkmann als einen ehrlichen Menschen: "Er hat niemals versucht mir ein A für ein U zu verkaufen und stets offen gesagt, woran ich an ihm bin."

Brinkmann, der mittlerweile als Dozent für Rüstung und Recht an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg, arbeitet, war aufgrund eines Aufenthalts in den USA zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

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14 Kommentare

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  • UK
    Ursula K. Heck

    Ich lach mich weg. Als 'alte' Sozialdemokratin war es doch nur eine Frage der Zeit, einen SPD-Plagiator aufzufinden.

    Wenn sich das als wahr rausstellt und ich gehe davon aus, dass sich die Prüfer nicht irren, dann ist der Mann für die BW nicht tragbar.

  • H
    Humpelchen

    "Guttenberg aber eine Nummer kleiner?" Das ich nicht lache. Der Typ war Vorsitzender eines Juso-Kreisverbandes in Hamburg, das ist vom Bundesverteidigungsminister so viele "Nummern" entfernt wie Otfried Fischer vom olympischen Gold im Hochsprung! Und wie so ist es ein SPD-Problem wenn ein einfaches Parteimitglied seien Doktorarbeit abschreibt? So wie es sich in dem Artikel liesst, hatte er ja wohl schon während des Schreibens der Arbeit kein Parteiamt mehr. Ich möchte Wetten das man in diversen Gefängnissen dieser Republik auch Menschen auftreiben könnte, die irgendwann mal Mitglied einer Partei gewesen sind. Das ist kein Skandal, das ist nunmal der Lauf der Dinge.

     

    Und den Fall des ehem. Bundesverteidigungsministers mit dem eines ehem. Parteifunktionärs zu vergleichen, der schon auf kleinster Juso-Ebene politisch gescheitert ist empfinde ich als vollständig lächerlich!

  • GV
    Georg Verweyen

    Manchmal ist Copy'n'paste auch gut!

    Beispielsweise, wenn man den etwas ungewöhnlichen Namen eines Verlages richtig schreiben möchte:

    »Duncker & Humblot«

    Die Rechtschreibprüfung, das Unbewusste, oder ein Praktikant machen daraus gern schon mal

    »Drucker und Humboldt«, wobei in Ihrem Fall sogar das D der beiden Humboldt-Brüder fehlt.

     

    Gruß, Georg Verweyen

  • MW
    M. Walther

    Herrn Brinkmanns Dissertation ist auch insofern ein Spezialfall, dass sie kein Literaturverzeichnis enthält! Man muss sich das mal vorstellen - man erscheint mit seinem Auto ohne Bremsen zum TÜV und kommt durch! (Wer's nicht glaubt, lade sich das im Netz frei verfügbare Werk als PDF herunter und überzeuge sich.) So derart dreist war nicht einmal Herr Guttenberg. Da ist es schon fast von untergeordneter Bedeutung, wie oft er auch noch plagiiert hat, als "Dreingabe" sozusagen.

  • ES
    Elena Schneidholz

    Der Autor sollte selbst unbedingt einen Rechtschreibungs- und Grammatikkurs absolvieren bevor er noch einen Artikel auf deutsch verfasst.

  • V
    veigelferdi

    Gerechtigkeit für alle.

    Brinkmann soll seine Dozententätigkeit

    einstellen. Unibedienstete müssen

    sich an akademischen Codex halten.

    Vielleicht wollen ihn ja die Amis behalten.

  • OK
    Oma Kruse

    Das ist doch Regionalliga. Hühnerdieb-Klasse. Der Typ hat kein öffentliches Amt mehr inne; soll ihm die Uni halt den Titel aberkennen, aber das ist doch keine Nachricht für ein überregionales Nachrichtenmedium.

  • B
    Betram

    Ein Hamburger JUSO ... wenn wundert's?

     

    Das sind doch die Rechtsaußen von der SPD und Brinnkmann war doch mal im Zirkel von Kahrs, Schreiber und wie sie da alle heißen. Nun, jetzt hat er Pech, obwohl er ein Niemand ist, fliegt er wohl bald auf.

    Aber bei ihm dürfte das Ganze berufliche Konsequenzen haben, jedenfalls wäre er für mich - sollte sich seine Arbeit als reines Plagiat herausstellen - ein Betrüger und kein Wissenschaftler. Der Titel der Arbeit klingt für mich schon ein wenig sonderbar, aber das soll ja nichts heißen.

  • A
    atypixx

    Hey liebe taz, das geht jetzt aber schon seeeehr schnell... Seid bitte nicht zu voreilig angesichts der paar Prozente, die bisher als Plagiatsverdacht (!) gelten. Das täte der Sache nicht gut.

  • TA
    Thomas aus dem Westen

    Was ist denn ein "Beriksvorsitz"?

  • V
    vic

    Just another brick in the wall.

    Was Merkel angeht, mache ich mir auch so meine Gedanken.

    Eine Frau Doktor der Physik, die eine Katastrophe benötigt, um die unkalkulierbaren Gefahren der Atomtechnologie zu verstehen- oder so zu tun als ob.

  • M
    monochromata

    Genießbar wird ein Artikel über die akademischen Verfehlungen einer Person natürlich erst, wenn der Autor ihn selbst nochmal Korrektur liest, um erfolgreich zu zeigen, dass es ihm im Gegensatz zur kritisierten Person möglich ist, fehlerfreie Texte zu schreiben.

  • H
    Hannibal

    der Lektor hatte schon Feierabend?

  • J
    Johannes

    Der Verlag heisst Duncker & Humblot... Herrgott, Taz.