Pläne für AKW-Neubau: Tschechien setzt auf neue Meiler
Zehn neue Kernkraftwerke in den nächsten 50 Jahren will das Industrieministerium in Prag bauen. Die Bevölkerung steht den Plänen aufgeschlossen gegenüber.

Soll mehr Gesellschaft bekommen: AKW Temelin. Bild: dpa
PRAG taz | Das tschechische Industrieministerium feilt an Plänen für neue Kernkraftwerke. In 50 Jahren, so ein erster Entwurf des neuen "Staatlichen Konzepts für die Energiewirtschaft", soll der Anteil des Atomstroms an der Energieversorgung von den jetzigen knapp 30 auf über 80 Prozent ansteigen.
Um das zu erreichen, müssten mindestens zehn neue AKWs gebaut werden, heißt es in dem vertraulichen Dokument, dass der Zeitung Hospodáské noviny vorliegt. Im Ministerium spiele man verschiedene Szenarien durch, sagte Industrieminister Martin Kocourek. Sie unterscheiden sich allerdings nur in der Anzahl der Terrawattstunden, die in Zukunft jährlich in Kernkraftwerken erzeugt werden sollen.
Die gegenwärtig 20 Terrawattstunden, die aus den AKWs Temelin und Dukovany kommen, sollen sich bis 2025 je nach Szenario verdoppeln oder gar verdreifachen. Bis 2060 sollen dann 100 bis 140 Terrawattstunden Atomstrom produziert werden, weitaus mehr als der vom Industrieministerium prognostizierte Verbrauch.
Zur Frage, ob die Tschechen darauf spekulieren, in Zukunft Atomstrom nach Deutschland zu exportieren, nimmt das Industrieministerium keine Stellung. "Die Situation unserer Energieversorgung ist leider so, dass wir immer einen Stromüberschuss benötigen," sagte der Ministeriumssprecher.
Atomstromexport nach Deutschland?
Die Energieversorgung betrachten die Tschechen als die Achillesferse ihrer Wirtschaft. Die Industrie des Landes ist exportorientiert und sehr energieintensiv. Die meisten Tschechen halten die Atomkraft für ideal, um einerseits ihre Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu mildern und anderseits der Forderung der EU nachzukommen, die CO2-Emissionen bis 2050 um 80 Prozent zu drosseln.
Daher stehen die Tschechen auch fest hinter ihren Meilern. Mehrere Umfragen der letzten Jahre haben ergeben, dass über zwei Drittel der Bevölkerung für die Atomkraft sind. Und seitdem die Grünen die Fünfprozenthürde nicht mehr schaffen, gibt es keine Partei mehr, die die Kernkraft kritisch sieht.
Widerstand regt sich eher gegen erneuerbare Energien. Vor zwei Jahren musste der Bau einer geplanten Windkraftanlage im böhmisch-mährischen Hochland nach einem Volksbegehren eingestellt werden. Fotovoltaik ist verpönt, weil sie als teuer gilt. Bis 2035 soll sie ganz der Vergangenheit angehören, weitere alternative Energiequellen spielen beim Industrieministerium kaum noch eine Rolle.
"Tschechische Energiepolitik ist ideologisiert"
Ein Fehler, glaubt Jan Haverkamp, Energieexperte von Greenpeace in Brüssel. "Diese ganzen Pläne sind vollkommen unrealistisch, wie sollen die das finanzieren?", fragt er. Ein 1.000-Megawatt-Reaktorblock koste zwischen 7 und 8 Milliarden Euro. Nach Fukushima und mit der ungeklärten Frage des Atommülls werde es unmöglich sein, private Investoren für AKWs zu finden, glaubt er.
"Die tschechische Energiepolitik ist ideologisiert", sagt Haverkamp. Wenn sie zu lange auf die veraltete Technik Atomkraft setze, müsse sie notwendige Effizienzsteigerungen und den Ausbau der erneuerbaren Energien letztlich in kurzer Zeit nachholen. "Das wird teuer", so Haverkamp.
Leser*innenkommentare
kroko
Gast
Scheint was dran zu sein, an der Mär der störungsfreien AKW Problematik.
Scheint bei uns schon lange nichts mehr passiert zu sein, in unseren Restmeilern.
Scheint schon fast vergessen, dass Temelin vor ein paar Jährchen kurz davor war ... durchzubrennen ...!
Scheint auch nicht klar zu sein, dass den Österreichern der Angstschweiß auf der Stirn steht, wenn sie nur dran denken, wie die Kisten in Tschechien ... gefahren werden.
Scheint langsam aber sicher mal aufklärungswürdig zu sein, wo denn unsere bundesdeutschen Beihilfen ... versickern.
Oder ... interessiert das niemanden ?
Tja, ... Politik ist manchmal ganz nützlich ...
gelle
guntherkummerlande
Gast
Im übrigen an alle Verschwörungstheoretiker:
Wir sind nicht von der Industrie bezahlt.
Im Gegensatz zu euch Frührentnern, Rentnern,
Möchte-Gern-Konservativen,
Kinderlosen (wegen Unfruchtbarkeit, Streß,
Beziehungsunfähigkeit) oder
Auswanderern und Stumpfsinnigen
haben wir vor hier vor gesund weiter zu leben
und dieses Land sicher zu erhalten.
In Tschechien stirbt die Hälfte der Alten
lt. Aussage eines tschechischen Arztes
an Krebs ungefilterte Abgase der Kohlekraftwerke
spielen hierbei ein besondere Rolle.
Im Moment funktioniert die Energiebereitstellung
in Deutschland nicht wie gewünscht.
Deshalb müssen wir funktionierende Lösungen
erst etablieren.
Aber die Tschechen dürfen halt nicht vorzeitig
Fakten schaffen und uns mit Ihrer störanfälligen
Atomtechnik terrorisieren und uns die Umwelttechnik
durch Drohungen mit Gaus abtrotzen.
Sie müssen fair und anständig sein!
Vorerst wären die Nachrüstung der Kohlekraftwerke
auf deutsches Niveau ausreichend und
mittelfristig, sogar kurzfristig wesentlich
günstiger!!!
guntherkummerlande
Gast
Letzlich macht der radioaktive Fallout
vor den tschechischen Grenzen nicht halt.
Bevor die Atomkraftwerke gebaut werden dürfen,
müssen die Tschechen belegen, wie
Sie auch die deutsche Bevölkerung schützen wollen.
Wenn es bei uns keine Atomkraftwerke im Osten
gäbe, dann müssen die Tschechen die Kosten
für Katastrophenschutz der Feuerwehren,THW,
Krankenhäusern, Dekontaminationstechnologien bei Nuklearen Katastrophen in vollem Umfang bezahlen
(auch die Jodtabletten).
Die europäische Haftungsfrage muß unbedingt
vorher geklärt werden.
Deutschland muss autark von ausländischen
Stromimporten sein!
Die Kosten für die Endlagerung der zusätzlichen
Atommüllmassen müssen ohne deutsche
Alimentierungen auskommen!!!
Wir wollen nichts mit dieser Problematik
zu tun haben!
Stefan
Gast
Bin ja gespannt, wo die in ein paar Jahrzehnten, wenn zunehmend strategische Reserven angelegt werden, ihr Uran herbekommen
nahab
Gast
an alle unmenschverursachende, (un)moegliche Erderwaermungs- Verschwoerungstheoretiker: ich gehe davon aus, dass die meissten von euch direkt oder indirekt von der Industrie bezahlt seid; dann haben wir noch einge liberal konservative, die glauben der Staat (wer das auch immer sein mag) pluendere Sie ueber Steuern und in diesem Fall hinterhaeltige Energiegesetze aus. Dann haben wir noch ein paar, die tatsaechlich glauben, wir koennten weiter ungehindert "fabriken, autos, computer und flugzeuge" bauen und brauchten Kernkraftwerke dafuer;
In welchem Forum werdet ihr in 10 Jahren auftreten, wenn eindeutig ersichtlich wird, dass die Gesamtzahl der Kernkraftwerke abnimmt und keine Firma oder Regierung bereit bzw. in der Lage ist ein weiteres 5-10 Milliarden Risiko zu finanzieren?
Natalia
Gast
Zum Glück hören die Tschechen nicht auf die hochbezahlten Öko-Bosse und die machtgeilen Öko-Diktatoren der Grünen, die uns Ihre als "erneuerbare Energien" getarnten Abzocker-Solarzellen verkaufen wollen, sondern besinnen sich auf etwas, das in Deutschland lange vergessen ist: DEMOKRATIE.
roschfor
Gast
Vernünftig, die Tschechen
thomas
Gast
unverschämt, wie der greenpeace typ hier polemisiert.
kernkraft ist eine ganz pragmatische antwort auf unsere energiefrage. wenn wir fabriken, autos, computer und flugzeuge wollen, dann brauchen wir scheiss viel energie. das hat mit ideologie nichts zu tun.
und nur mit den mühen einer ideologischen verbohrtheit und eines krampfhaften glaubens an die menschliche ursache des klimawandels kann man an den unrentablen und für unsere zwecke völlig unzureichenden erneuerbaren festhalten.
der typ ist dreist.
Waage
Gast
@Ilmtalkelly
Chapeau! (für beide Beiträge!)
blueeyedevil
Gast
Tja dann hoffe ich mal das man diesen Strom auch in Deutschland beziehen kann.
Den Pseudo Öko Strom vertraue ich nicht.
Aber die Meiler sollten weit von der deutschen Grenze entfernt gebaut werden...man weiß ja nie!
Den Atommüll...wat mach ma damit...naja es gibt mit Sicherheit in der Tschechei ein paar Orte wo man den lagern kann...
Ilmtalkelly
Gast
@ wolf26
Wölfe haben einst Heinrich Heines Werke in´s Feuer geworfen. Also bitte für dich: Zitate woanders suchen.
Peter
Gast
@wolf26:
was hälst du denn davon deinen nächsten Urlaub in Fukushima und nicht in Prag bei Starkbier zu verbringen? Die brauchen dort so zukunftsorientierte und vorwärtsdenkende Idealisten wie dich.
Über eine Postkarte von dir vor dem Reaktorgebäude würde ich mich freuen.
wolf26
Gast
Das ist ein Zeichen dafür,daß die Tscheschen
zukunftorientiert und vorwärts denken.Davon
sind die Deutschen weit entfernt und jagen
irgentwelchen Gurus und Träumen nach,die der
gemeine Bürger ungefragt bezahlen darf.
Denk ich an Deutschland in der Nacht......
Ilmtalkelly
Gast
Es wäre schade, wenn die Tschechen auf die Atom- Demagogen ihrer Regierung reinfallen würden, doch eins bleibt den Tschechen und den Polen gemein, das histor. bedingte Gefühl, sich von den Deutschen emanzipieren zu müssen. Die Deutschen steigen aus, da steigen wir eben voll ein. Tschechien ist dicht besiedelt,ein Reaktorunfall hätte schwere unmittelbare und terretoriale folgen, nicht nur für sie. Man macht sich in beiden Ländern lustig über über die Nemetzski´s doch leider durchschauen die Tschechen in ihrer patriot. Verblendung nicht, wie irrational ihre Regierung plant.
Schade, das sich Tschechien damit technol. abhängt.
Mit den geplanten 80 % Atomstom könnte Frankreich als Vorbild gedient haben. In der Sache geht und fällt alles mit der Entwicklung in Frankreich, wenn nicht gar die franz. Areva auf dem Hradschin beraten hat.
Icke
Gast
Es heisst Tera, nicht Terra. Hat nix mit Erde zu tun.