Plädoyers im Brechmittel-Prozess : Wider allen ethischen Grundsätzen
Der Brechmittel-Prozess steht vor dem Ende – und alles sieht nach Freispruch aus: Nie werden wir erfahren, wie und warum der Kleindealer Laya Condé im Polizeigewahrsam zu Tode kam.
KOMMENTAR VON JAN ZIER
Und weil das lange Verfahren kaum neue Erkenntnisse gebracht hat, üben sich Anklage und Verteidigung in seltener Einmütigkeit. Aus rechtsstaatlicher Sicht geht ein Freispruch auch in Ordnung. Der Zweifel muss immer zugunsten des Angeklagten wirken.
Und doch wird der Freispruch Unbehagen verursachen. Denn am Ende entsteht der fatale Eindruck, dass alles leider irgendwie schief gelaufen ist. Dass dabei von Polizeimethoden die Rede ist, die der Europäischen Gerichtshof als „inhuman“ verworfen hat, dass der Polizeieinsatz jeder Verhältnismäßigkeit entbehrte und dass die Praxis, Gesunden gegen ihren Willen Medikamente einzuflößen, den elementarsten Grundsätzen der Medizinethik Hohn spricht – gerät völlig in den Hintergrund.
Einen Einzelnen zu bestrafen wäre ungerecht gewesen. Ebenso sicher aber tragen alle Beteiligten moralische Verantwortung für Condés Tod. Davon, dass hier jemandem Gerechtigkeit widerfahren wäre, kann also auch bei einem gesetzeskonformen Urteil nicht die Rede sein.
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