Pistolen-Lieferung nach Kolumbien: Bewährungsstrafen für Ex-Manager
Mitarbeiter des Waffenherstellers Sig Sauer ließen ohne Genehmigung Pistolen aus Eckernförde nach Kolumbien exportieren. Nun fiel das Urteil.
Die drei Männer waren alle zeitweise Geschäftsführer von Sig Sauer im schleswig-holsteinischen Eckernförde und damit ausfuhrverantwortlich für die Lieferung von mehr als 47 000 Pistolen vom Typ SP 2022 aus Deutschland an eine Schwesterfirma in den USA zwischen 2009 und 2011. Von diesen Waffen wurden mehr als 38 000 nach Kolumbien weiterverkauft – mit einem Verkaufswert von mehr als 16 Millionen US-Dollar (umgerechnet damals gut 11 Millionen Euro).
Nach Ansicht des Landgerichts handelte es sich aber nicht um ein klassisches Umgehungsgeschäft. „Die Kammer ist überzeugt: Die Waffen wären so oder so nach Kolumbien gelangt“, sagte der Vorsitzende Richter Markus Richter in seiner Urteilsbegründung. Der Waffenhersteller habe den Standort in Schleswig-Holstein stärken wollen. „Die Unternehmensgruppe hatte die Möglichkeit, die Waffen günstiger in den USA zu produzieren“.
Mit seinem Urteil blieb das Gericht etwas unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Ursprünglich war das Urteil erst Ende Juni erwartet worden. Gericht, Verteidigung und Anklagevertreter hatten sich aber bereits zu Prozessbeginn auf Bewährungsstrafen verständigt. Der Richter verteidigte diese strafrechtliche Verständigung. „Denn die Tataufklärung wäre mit ausgesprochenen Schwierigkeiten verbunden gewesen.“ Schließlich lag die erste Waffenlieferung knapp zehn Jahre zurück, eine Verjährung drohte. Was ohne Verständigung in dem Prozess herausgekommen wäre, „bleibt offen“, sagte der Richter. Er verorte die Vergehen der Manager „im Grenzbereich“ zwischen einer vorsätzlichen Tat und einer fahrlässigen.
11 Millionen Euro Gewinnabschöpfung
Die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) erteilten Genehmigungen schlossen eine Ausfuhr nach Kolumbien aus. Das Unternehmen blieb auch nach dem Urteil bei der Einschätzung, dass die Lieferung auch mit diesem Ziel grundsätzlich genehmigungsfähig gewesen wäre. Es handelte sich um einen Auftrag der Regierung des damaligen US-Präsidenten Barack Obama.
Von der Firmengruppe Sig Sauer sollen im Rahmen der sogenannten Gewinnabschöpfung insgesamt mehr als 11 Millionen Euro eingezogen werden. Davon betreffen 7,4 Millionen Euro Sig Sauer Eckernförde. Im Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2017 hat das Unternehmen den Prozess unter „sonstige Risiken“ aufgeführt.
Der Rechtsanwalt der Waffenfirma will prüfen, ob er eine Revision gegen das Urteil einlegt. Das Gericht habe betont, dass angesichts der Tatsache, „dass alles über ein Jahrzehnt zurückliegt, aus diesem Geschehen keine negativen Rückschlüsse mehr zu ziehen sind auf das Unternehmen, so wie es sich heute darstellt“. Zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens zeigte sich die Kieler Staatsanwaltschaft. „Wir werden keine Rechtsmittel einlegen“, sagte Oberstaatsanwalt Henning Hadeler. Die Ermittlungen hatten 2014 begonnen.
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