Piraten: Es hakt im Workflow
Die Partei will die Kommunikation zwischen Basis und Abgeordneten verbessern.
„Hänge noch im Verkehr“, twittert Christopher Lauer, kurz bevor das Kommunikationstreffen der Berliner Piraten am Samstag losgeht. Andreas Baum schreibt zurück: „Kein Stress. Wir haben eh noch kein Netz.“ Unterdessen breitet ein junger Pirat, der sein kleines Kind mitgebracht hat, auf dem Boden eine Spiderman-Decke aus. Kaum abgesetzt, jagt das Baby Computerkabeln hinterher. Der Vater hat vorgesorgt, er zückt ein Spielkabel, das er mitgebracht hat, um den Kleinen von den echten Stromkabeln wegzulocken. Piratenkinder.
Fraktionschef Baum hat das Treffen ins Leben gerufen. Einmal im Quartal soll über das Erreichte gesprochen werden, über alles, wofür sonst keine Zeit bleibt. Miriam Seyffarth, eine junge Piratin aus Mitte, sagt, dass viele Anträge, die auf Liquid Feedback – der Software zur Entscheidungsfindung bei den Piraten – online gestellt werden, unverständlich seien, weil sie nicht ausreichend aufbereitet würden. Die Basis komme nicht mehr mit – eine wiederkehrende Kritik bei diesem Treffen. Die Bezirksverordneten vermissen Schulungen und sind enttäuscht, dass die Abgeordneten nicht in die Bezirke kommen.
Es gilt, eine Abhebung von Parteispitze und Basis zu verhindern. „Das ist bei den Grünen vor 30 Jahren gescheitert. Diesen historischen Fehler werden wir nicht wiederholen“, sagt der Abgeordnete Alexander Morlang.
Jens Kuhlemann, Basispirat, ist enttäuscht, dass sich die Abgeordneten wenig für die erfolgreichen Initiativen bei Liquid Feedback interessieren würden. Monatelang habe er von den Abgeordneten keine Rückmeldung bekommen. „Sorry, aber hier im Haus passiert so viel, dass viele echt damit beschäftigt sind, da Schritt zu halten“, entgegnet der Abgeordnete Oliver Höfinghoff. Man werde jetzt nicht dazu übergehen, das „Liquid“ nach erfolgreichen Initiativen zu durchforsten. Die Basispiraten, so Höfinghoff, müssten die Inhalte zu den Abgeordneten bringen. Doch die sagen, dass der „Workflow“ oft unklar sei. Christopher Lauer, Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus, fasst es so zusammen: „Für uns ist die Bezirkspolitik genauso eine Blackbox wie für die euch der Senat.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!