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Piraten vor Gericht in KeniaKein fairer Prozess

In Mombassa beginnt am Mittwoch das Gerichtsverfahren gegen somalische Piraten. In Kenia, in dem das Justizsystem überfordert und korrupt ist.

Als Piraten angeklagt: Somalis in Mombasa. Bild: reuters

NAIROBI taz Der Notruf von der "Courier" kam am Morgen des 3. März um 7:12 Uhr: Da nahmen Piraten den Frachter, der im Auftrag einer deutschen Reederei unterwegs war, im Golf von Aden mit Panzerfäusten und Gewehren unter Beschuss. Wenige Stunden später hatte die deutsche Fregatte Rheinland-Pfalz die mutmaßlichen Angreifer eingeholt und nahm sie fest.

Heute soll den neun Piraten im High Court von Kenias Hafenstadt Mombasa der Prozess gemacht werden. Ermöglicht hat das ein Übergabeabkommen, das die EU drei Tage nach der Festnahme der Piraten mit Kenias Regierung geschlossen hat. Kenias Justizsystem gilt als überfordert und korrupt. Umso mehr betont Deutschlands Botschafter in Nairobi, Walter Lindner, dass der Prozess gegen die mutmaßlichen Piraten internationalen Standards entspricht. "Die kenianische Seite verpflichtet sich, dass die relevanten internationalen Verträge, insbesondere Menschenrechtsverträge, eingehalten werden." Doch Andrew Mwangura, der für sein "Seefahrer-Hilfsprogramm" von Mombasa aus die Piraterie vor Somalia seit Jahren beobachtet, bleibt skeptisch: "Ich habe in Kenia noch nie einen fairen Gerichtsprozess gesehen." Er sagt, die Haftbedingungen seien erbärmlich. Beobachten wollte den Prozess auch der deutsche Grünen-Vize Jürgen Trittin. Doch nun reist er nicht nach Mombasa. Der Aufwand der Reise sei nicht mehr vertretbar, da der Prozess am Mittwoch nach Erkenntnissen der deutschen Botschaft voraussichtlich rasch vertagt werde, so ein Grünen-Sprecher. Aus Gerichtskreisen heißt es, wenn die Verhandlung mehr als fünf Tage dauert, wird sich das Urteil bis Juni hinziehen.

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2 Kommentare

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  • A
    aso

    „Kein fairer Prozeß“

     

    Das Risiko geschnappt zu werden, müssen die Piraten einkalkulieren, insofern ist diese Art des Hedge-Fonds tatsächlich Risikobehaftet.

     

    Es geht doch um das Ziel, die Piraterie einzudämmen, und nicht auszuweiten. Wenn Piraten mit Kalschnikows und Panzerfäusten ein Europäisches Schiff vor ihrer Küste angreifen, und mangels eigener Küstenwache, von europäischer Marine aufgegriffen werden, dann ist dies eine Amtshilfe-Unterstützung für Somalia. Wo dann auch das Verfahren stattfinden sollte. Mangels eigener Justiz, aber, bzw. wg. Scharia-Justiz, findet das Verfahren per Abkommen in Kenia statt. Den Piraten dürften die Verhältnisse der kenianischen Justiz vertraut sein. Der Kulturschock mit deutscher Justiz zusammenzutreffen, wird so vermieden.

    Würde man in Deutschland einen Prozeß führen, mit anschließendem Asylantrag, hätte das zur Folge, daß die Piraten-Angriffe auf europäische, speziell auf deutsche Schiffe sich steigern würden, denn wenn man die Wahl hat, dann doch lieber ein Luxus-Verfahren in Deutschland...

    Und genau diesen Braten, der ihnen einige zukünftige Mandanten sichern sollte, haben die beiden abgeblitzten Anwälte scheinbar gerochen.

  • W
    wehleid

    wie schoen ist doch die gutmenschelnde betroffenheit für gerechtigkeit in den allerletztn winkeln der welt und für die vorletzten typen.

    habe heute morgen im deutschlandradio den staatstragenden juergen trittin vernommen

    und weiss seitdem vor ergriffenheit nicht mehr ein noch aus.

    fein, dass die taz auch hierzu eine schleimende spur hinterläßt.