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Pinochets Kronprinz kandidiert nicht

■ Der ehemalige chilenische Finanzminister Hernan Büchi sieht sich als Risiko / Die Opposition spricht von politischem Erdbeben / Büchi: Pinochet wird nicht als Präsident kandidieren

Santiago (afp) - Der frühere chilenische Finanzminister Hernan Büchi, der als Kronprinz von Staatschef Augusto Pinochet galt, hat überraschend seinen Verzicht auf eine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember bekanntgegeben. „Ich habe den größten Respekt für das politische Leben in einer Demokratie, aber ich fühle mich nicht zum Kandidaten berufen“, begründete Büchi seine Entscheidung am Montag. 40 Tage zuvor war Büchi als Finanzminister zurückgetreten, um über eine eventuelle Kandidatur als offizieller Präsidentschaftsbewerber des Regimes nachzudenken.

Büchi bescheinigte sich selbst eine gewisse politische Schwäche, die für eine angemessene Verteidigung der notwendigen Politik „ein Risiko“ darstelle. Er habe nicht die Berufung, seine Ideen und Aktionen auf einer solchen Ebene zu verbreiten, wie dies in der „komplexen Welt“ einer politischen Kampagne notwendig sei. Der Exfinanzminister betonte, in der Geschichte der Nationen seien Personen wichtig, den „wahren Unterschied“ machten jedoch Ideen und Projekte, die länger existierten als Personen.

Die Opposition sprach am Montag von einem „politischen Erdbeben“. Zusammen mit dem Christdemokraten Patricio Aylwin, der vermutlich als Einheitskandidat der Opposition aufgestellt wird, lag der 40jährige Wirtschaftsexperte Büchi in den Meinungsumfragen weit vorne.

Büchi, der als Finanzminister die Inflation bekämpfte und die Auslandsverschuldung verringern konnte, schloß am Montag gleichzeitig aus, daß der seit 16 Jahren regierende Pinochet kandidiere, nachdem er im vergangenen Oktober bei dem Referendum unterlegen war. Die Verfassung sei in dieser Frage ganz eindeutig, sagte Büchi und fügte hinzu, daß der Staatschef selbst auch immer wieder bestritten habe, daß er kandidieren wolle. Büchi äußerte sich nicht zu den anderen rechtsgerichteten potentiellen Kandidaten Sergio Onofre Jarpa, Sergio Diez, Arturo Alessandri Besa und Hernan Felipe Errazuriz.

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