: Pinochet kündigt Verfassungsreform an
■ Christdemokratie freut sich / Linke findet Initiative „völlig ungenügend“
Santiago (afp/dpa) - Chiles Staatschef Pinochet hat die Forderung der Opposition nach einer Verfassungsreform erstmals im Prinzip akzeptiert. In einer Rundfunkansprache erklärte er sich am Samstag bereit, den umstrittenen Artikel acht der Verfassung zu verändern, der die politische Betätigung „marxistischer“ Gruppen verbietet. Im Prinzip akzeptierte er auch die von der Opposition geforderte Verkürzung der Amtszeit des Staatschefs von acht auf vier Jahre. Wegfallen sollen zwei Artikel, nach denen der Präsident das Parlament jederzeit auflösen kann und befugt ist, politisch Mißliebige ins Exil zu schicken. Der Nationale Sicherheitsrat, der über die Einhaltung der Verfassung zu wachen hat, soll um ein ziviles Mitglied erweitert werden.
Die geplante Verfassungsreform muß vor der Präsidentschaftswahl am 14.Dezember in einem neuen Referendum möglichst bis Juni bestätigt werden. In ersten Reaktionen äußerte sich für die oppositionellen Christdemokraten Parteichef Patricio Aylwin zufrieden über Pinochets Vorschläge. Als völlig ungenügend kritisierte sie dahingegen der Vorsitzende der „Partei der Sozialistischen Linken“ (PAIS), Luis Maira. Er bemängelte, daß die Bestimmung über das Verbot marxistischer Gruppen nur verändert, statt abgeschafft werden und der „Nationale Sicherheitsrat“ seine weitreichenden Kontrollbefugnisse behalten solle. Am 14.Dezember dieses Jahres wird in den ersten Wahlen seit knapp 20 Jahren sowohl ein Präsident als auch ein aus zwei Kammern bestehendes Parlament gewählt.
Das Lager der Pinochet-Anhänger hat sich bisher auf keinen Kandidaten verständigen können. Als möglicher Kandidat wurde in den letzten Wochen am häufigsten der gegenwärtige Finanzminister Hernan Buechi (40) genannt. Pinochet selbst, dessen Wiederwahl von der Verfassung ausgeschlossen wird, zieht sich nach Amtsantritt seines Nachfolgers auf die einflußreiche Position des Heeresoberbefehlshabers zurück. Als Expräsident wird er außerdem dem Senat und dem Nationalen Sicherheitsrat angehören.
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