: Pin-Ups in der Firma
■ DGB: Diskussion über sexuelle Belästigung
Gröhlend beugten sich die Tischler in der Frühstückspause über die „Bild“-Zeitung: Was sagt die Form von Brüsten über den Charakter einer Frau, fragte ein Artikel.
Die drei neueingestellten Tischlerinnen fanden das weniger witzig. Sie sammelten aus „Playgirl“ eine Parade von „Männerschwänzen“ zusammen und hängten die, mit Kommentaren versehen, über ihre Werkbank. Da hingen sie keine zwei Stunden. Aber immerhin, so eine Tischlerin beim Treffen des DGB-Frauenausschusses am Samstag, einige Männer seien doch nachdenklich geworden.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz lautete das Thema der Tagung. Neu dabei: Die Delegierten beschäftigten sich mit dem Thema nicht nur in Form von Anträgen, sondern übten in Workshops zum Beispiel aufmerksamkeitsheischendes Reden. Angefangen hatten die Diskussion vor Jahren die Frauen in der Gewerkschaft Nahrung, Genuß und Gaststätten, die die Anmache von Gästen leid waren. Als es dann jedoch auch um die Belästigung durch Gewerkschaftsmitglieder ging, wurde die Diskussion äußerst zäh. „In dem Moment, wo eine Frau sowas anprangert, gibt es einen unglaublich engen Schulterschluß selbst zwischen Männern, die sich vorher nicht ausstehen konnten“, berichtet Monique Troedel, die Vorsitzende des Kreisfrauenausschusses. Die eigentlichen Opfer, die Frauen, werden dann zu Täterinnen gemacht, die selbst schuld seien.
Eine gute Vorbeugungsmaßnahme sei es, so eine Erfahrung, in der Firma Broschüren über das Problem sexueller Belästigung auszulegen. Ist es passiert, schlägt eine ebenfalls zur Tagung geladene Psychologin von der Bremer Gleichstellungsstelle folgendes vor: Zunächst dem Mann einen Brief schreiben, daß er die Belästigung unterlassen soll. Darauf hinweisen, daß beim nächsten Mal dieser Brief öffentlich ans Schwarze Brett gehängt werde. Ihm also die Möglichkeit zur Einsicht geben.
Noch wenden sich offenbar sehr selten Betroffene an die BetriebsrätInnen. Den Pausengesprächen aber sei zu entnehmen, daß sexuelle Belästigung „ein deutlicher Bestandteil des Arbeitslebens ist“. Vielleicht, so eine Betriebsrätin, sollten die Betriebsrätinnen erst selbst ihre Empfindlichkeitsschwelle senken. Schließlich habe man sich als Gewerkschafterin oft einen ziemlich dicken Panzer zugelegt. Großer Wunsch der DGB- Frauen: Daß die Ahndung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz endlich auch mal in Tarifverträgen festgeschrieben werde. cis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen