: Pilotprojekt im Sonnensystem
■ In Arsten sollen Wohnungen im Winter mit der Hitze des Sommers heizen
Das Sonnensystem blickt auf Arsten-Süd: Hier, gleich an der Autobahn, soll ein Pilotprojekt des umweltschonenden Wohnens mit Solarheizung entstehen. Das „Bremer Energie-Institut“ (BEI) an der Universität hat jetzt eine Vorstudie für das Projekt vorgelegt. Jetzt müssen die GEWOBA als Bauträgerin, die Stadtwerke und die Umwelt- und Wissenschaftsbehörde als Mitfinanziers entschieden, wie und wann gebaut werden soll.
Im Neubaugebiet Arsten-Südwest plant die GEWOBA den Bau von 1.200 Wohneinheiten. Für die Ausstattung mit Solarheizung sind nach dem Entwurf des BEI zwei Varianten vorgesehen: entweder 100 oder 275 Wohnungen. Die Wohnungen sollen nach den Bremer Standards für ein „Niedrigenergiehaus“ isoliert sein und der „solare Deckungsgrad“ soll etwa 65 bzw 50 Prozent betragen – eine konventionelle Zusatzheizung soll die Wohnungen für den Rest der Zeit mit Wärme versorgen. Bundesweit sind ähnliche Projekte in Hamburg und in Friedrichshafen in Planung, in Skandinavien stehen bereits solche Siedlungen.
Das Heizsytem für Arsten ist die „solare Nahwärme“. Anders als bei gängigen Solaranlagen auf den Dächern von Eigenheimen soll in Arsten durch Sonnenenergie kein Strom, sondern Wärme erzeugt werden. „Der Wirkungsgrad ist etwa drei-bis viermal so hoch wie bei der Stromerzeugung“, sagt Karin Jahn vom BEI. Die gesammelte Hitze soll das Wasser in einem großen Tank auf etwa 90 Grad Celsius erhitzen, von wo aus im Herbst und Winter die angeschlossenen Wohnungen mit Warmwasser für die Heizung versorgt werden. „Damit läßt sich der Warmwasserbedarf von Mai bis Dezember decken“, meint Jahn. Erst Ende des Winters ist der Speicher nach Berechnungen der WissenschaftkerInnen so weit abgekühlt, daß die konventionelle Zusatzheizung richtig arbeiten muß. Pro Quadratmeter Wohnfläche rechnen die EnergiewissenschaftlerInnen mit 0,2 Quadratmeter Kollektorfläche auf dem Dach und und einem halben Kubikmeter Platz im Wasserspeicher.
Das ruft nach einem gigantischen Wasserspeicher, und genau das ist das Problem. Das BEI hat zwei Varianten vorgeschlagen: Einen Stahltank von 25 mal 5 Metern, der zur Hälfte im Boden versenkt wird oder die Nutzung des Grundwassers als natürlichem Speicher. In Bremen fließt das Grundwasser so nahe unter der Oberfläche, daß ein Tank etwa 2 bis 3 Meter aus dem Boden ragen müßte, um keinen Grundwasserkontakt zu haben. Die Erhitzung des Grundwassers als Speicher ist nicht ohne Probleme: So müßten isolierte Wände gezogen werden, um das Abfließen des erhitzten Wassers mit dem Grundwasser zu verhindern. Außerdem ist bisher nicht klar, ob die Erwärmung des Bodens negative Wirkungen für Pflanzen- und Tierwelt hat. Trotzdem plädiert Jahn für einen großen Speicher: „Je größer der Speicher, desto weniger Wärmeverlust.“ Außerdem ist ein solcher „Aquifer-Speicher“ bisher kaum gebaut und erprobt worden.
Die zusätzlichen Kosten für das Solar-Projekt in Arsten hat das BEI „konservativ gerechnet“ auf 4,2 Mio Mark für 100 Wohneinheiten und 9,7 Mio für 275 Wohnungen geschätzt. Das Geld soll nicht von der GEWOBA, sondern aus Fördermitteln in Bremen und Bonn kommen. „Es ist ein Lernprojekt und das fordert Lehrgeld“, heißt es denn auch aus dem Forschungsministerium. bpo/Foto:Vankann
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