Philosophin Agnes Heller im Interview: „Angst liegt nicht in meinem Charakter“
Sie ist die bekannteste Kritikerin des ungarischen Mediengesetzes, wird in ihrer Heimat öffentlich diffamiert und erhält Hassbriefe: Agnes Heller. Jetzt erklärt sie, warum sich Furcht nicht lohnt.
Die Philosophin Agnes Heller wirft dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán Leugnung und Unterdrückung vor. Orbán wolle „die Konzentration der Macht in seinen Händen“, sagt die gebürtige Budapesterin im sonntaz-Gespräch. „Er will der alleinige Gesetzgeber sein – und die Räume der Opposition immer enger machen.“ Das umstrittene Mediengesetz, das seit Beginn des Jahres in Ungarn gilt, sieht sie als Kontrollmittel.
An einem neuen Verfassungsentwurf kritisiert Heller, dass dieser nur noch christliche Werte anerkennt. Demokratische und republikanische Traditionen würden überhaupt nicht mehr erwähnt, „die ungarische Verantwortung für die Deportation der Juden während des Nationalsozialismus wird geleugnet.“ Über Orbáns politische Absichten meint sie: „Er ist ein Demagoge, ein rechtsorientierter, nationalistischer“ und „bedient wirklich nur die Reichen.“
Das ganze Sonntagsgespräch und viele andere Texte lesen Sie in der sonntaz vom 9./10. April 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an Ihrem Kiosk oder im eKiosk auf taz.de erhältlich. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo.
Agnes Heller auf dem Medienkongress von taz und der freitag - 9. April, 17 Uhr, Café Global im Haus der Kulturen der Welt in Berlin
Unter dem Titel "Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt" gibt es am 9.4.2011 Diskussionen, Interventionen, Einwürfe, Podien, Workshops und Lectures.
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Das Programm gibt es unter www.tazlab.de, die Eintrittskarten direkt an der Abend- und Tageskasse im Haus der Kulturen der Welt in Berlin.
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Alle Veranstaltungen können auch im Live Stream angeschaut werden.
Auch gegenüber der Lage in Libyen, Tunesien und Ägypten äußert sich die Ungarin skeptisch und warnt vor einer Vermischung der Aufstände. Nicht alle Aufstände seien Revolutionen und nicht alle Revolutionen progressiv. Die Bilder aus der arabischen Welt, mit denen uns das Fernsehen versorgt, seien „redigiert“ und „zu einem Sinn gebündelt“. „Was ich im Fernsehen sehe, ist für mich kein Beweis“, folgert Heller.
1929 in eine jüdische Familie geboren, entkam Agnes Heller einer Deportation während des Nazi-Regimes. Sie war Schülerin des marxistischen Denkers Georg Lukács und Nachfolgerin Hannah Arendts am Lehrstuhl für Philosophie in New York. Heute wird sie als bekannteste Kritikerin des ungarischen Mediengesetzes öffentlich und persönlich angegriffen: „Ich bekomme SMS von Leuten, die ich nicht kenne, die über mich Sachen sagen, die ich gar nicht wiedergeben kann“, so Heller.
Auf die Frage, ob sie Angst habe, sagt die 81-Jährige, die drei Mal wöchentlich schwimmen geht und einmal wöchentlich Berge besteigt: „Niemals. Es liegt einfach nicht in meinem Charakter, Angst zu haben.“ Im sonntaz-Gespräch spricht Agnes Heller über Freiheit und Grundrechte, Marx und ihr Leben und darüber, warum sie die USA mehr schätzt als Europa.
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