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■ Mit Produkthaftung auf du und duPflicht der Manager

Berlin (taz) – In vielen Chefetagen geht in den letzten Jahren die Angst vor Umweltstrafverfahren um. Zwar haben Bundesrichter am Mittwoch das Holzschutzmittelurteil gegen zwei Ex-Manager der Chemiefabrik Desowag kassiert. Beruhigen kann das die GeschäftsführerInnen von Firmen, die mit gefährlichen Stoffen umgehen, aber keineswegs: Nur ein Verfahrensfehler rettete die beiden Männer zunächst vor einer Haftstrafe auf Bewährung und je 120.000 Mark Geldbuße.

Seit dem 1. November 1994 gibt es in Deutschland ein schärferes Umweltstrafrecht. Weil Herstellerfirmen oder Handelsunternehmen selbst nicht vor dem Strafrichter erscheinen können, müssen einzelne Unternehmensmitglieder für die Schäden geradestehen. Zur Verantwortung gezogen werden soll derjenige, der „aufgrund seiner Stellung im Unternehmen dafür zuständig und dazu in der Lage ist, die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt durch das Unternehmen zu gewährleisten“, erläutert der Rechtsanwalt Wolfgang Baumann, der mehrere Holzschutzmittelopfer vertritt. „Ein generalpräventiv höchst effizienter Ansatz“, lobt der Würzburger Jurist.

Der Chef oder die Chefin muß also den Laden so organisieren, daß kompetente Leute für die Kontrolle und Gefahrenabwehr zuständig sind. Wenn Rationalisierungen dazu führen, daß die Luft verpestet oder ein Fluß verseucht wurde, ist die Geschäftsführung dran schuld. Auch wenn der Angestellte nachlässig arbeitet oder zuwenig Zeit hat, die ihm übertragenen Pflichten zu erfüllen, kann die Betriebsleitung vorm Kadi landen. Allerdings gilt auch hier der Grundsatz: In dubio pro reo. Die Staatsanwaltschaft muß den ManagerInnen nachweisen, daß der Schaden bei einer ordnungsgemäßen Organisation des Betriebs nicht entstanden wäre.

Aus dem Schneider sind die Angestellten damit allerdings nicht. Die mittleren Führungskräfte haben dafür zu sorgen, daß in ihren Abteilungen zuverlässige und ausreichend qualifizierte MitarbeiterInnen arbeiten. Eventuelle Gefahren müssen sie nach oben melden – auch wenn sie in anderen Unternehmensbereichen auftreten. Und auch die Untersten der Hierarchie können strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie schlampen.

„Die Gesetzeslage ist recht befriedigend“, stellt Baumann fest. Allerdings hapert es nach seiner Beobachtung häufig an der Umsetzung. So wird nur ein Bruchteil der von der Polizei erfaßten Umweltdelikte tatsächlich im Gerichtssaal untersucht. Annette Jensen

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