Pflegebranche in Deutschland: Chinesische Kräfte sollen's richten
In Deutschland gibt es nicht genug Fachkräfte, die alte Menschen pflegen. Daher will der Arbeitgeberverband Pflege erstmals chinesisches Pflegepersonal ins Land holen.
BERLIN dapd | Der Arbeitgeberverband Pflege startet ein Modellprojekt, bei dem erstmals 150 chinesische Fachkräfte nach Deutschland geholt werden. Hintergrund ist die bundesweit steigende Zahl von Pflegebedürftigen und der Mangel an Personal. „Das Projekt ist ein wichtiger Meilenstein, in Zukunft genügend Fachkräfte in Deutschland zu haben“, sagte Arbeitgeberpräsident Thomas Greiner.
„Aktuell fehlen 40.000 Pflegefachkräfte, bis 2020 weitere 75.000“, betonte Greiner. „Auf Dauer wird das Potenzial in Deutschland oder in der EU nicht reichen, den Bedarf zu decken.“
Die 150 Chinesen haben nach Angaben des Arbeitgeberverbandes eine vier Jahre lange Hochschulausbildung in Alten- und Krankenpflege absolviert (Shandong International Nurse Training Center Weihai). Außerdem würden sie acht Monate auf die europäische Kultur vorbereitet – inklusive Sprachtraining am Goethe-Institut. In Deutschland sollen sie als Fachkräfte zu normalen Konditionen eingestellt werden. „Dumpinglöhne kommen nicht in Frage“, erklärte Greiner.
Anfang 2014 soll es losgehen
Die ersten Fachkräfte aus Fernost werden voraussichtlich Anfang 2014 in Einrichtungen der beteiligten Bundesländer Hessen, Hamburg und Baden-Württemberg kommen. Damit das Projekt genehmigt wurde, mussten mehrere Institutionen zusammenarbeiten, darunter die Bundesarbeitsagentur für Arbeit, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und das Bundesarbeitsministerium.
Das Projekt wird außerdem wissenschaftlich begleitet und mit einem Integrationsprogramm ergänzt. Deshalb gibt es eine lange Vorlaufzeit.
Nach Einschätzung des Arbeitgeberverbandes lassen sich viele Chinesen ausbilden, um gute Chancen zu haben, im Ausland Erfahrungen zu sammeln. Mehrere hunderttausend Arbeitskräfte in verschiedenen Berufen würden dazu über die Grenzen vermittelt.
Ist das der neue Exportschlager Chinas? Greiner meint dazu: „Jedenfalls sind schon heute viele chinesische Pflegefachkräfte in Australien, Neuseeland oder den USA tätig. Warum sollte das, was in den USA, Australien und Malta klappt, in Deutschland nicht funktionieren?“ Dann könnte die Anwerbung auch in größerem Umfang weitergehen.
Der Arbeitgeberverband vertritt die Interessen privater Pflegeunternehmen mit rund 230.000 Beschäftigten. Insgesamt gibt es rund 900.000 Pflegekräfte in Deutschland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren