■ Petra Kellys Engagement jenseits aller Realpolitik: Schönheit der Leidenschaft
Petra Kelly habe ich im April 1988 in Bonn kennengelernt. Die Grünen im Bundestag organisierten eine Anhörung über das damals aktuelle rumänische Projekt der „Systematisierung“, das die Zerstörung von zahlreichen Dörfern mit rumänischer, ungarischer und deutscher Bevölkerung bedeutete.
Natürlich könnte ich jetzt das Engagement von Petra Kelly für osteuropäische Angelegenheiten, ihre unbestechliche Befürwortung der individuellen und kollektiven Menschenrechte loben: Eigenschaften, mit denen sie manchmal ziemlich allein geblieben war. Ich könnte auch die Bedeutung ihrer Teilnahme an jener Veranstaltung würdigen, denn es gab nicht viele bundesdeutsche Persönlichkeiten, die sich ohne Rücksicht auf „realpolitische“ Erwägungen für die völkerrechtliche Ächtung des Ceausescu-Regimes einsetzten. Was mir jedoch am schärfsten in Erinnerung geblieben ist, war die Schönheit dieser Frau, eine Mischung zwischen Stärke und Sanftheit, Strenge und Lächeln, Verzweiflung und Hoffnung. In einer Zeit der kühlen rechnerischen rationalen Umgangsformen traute sie sich, ihre Leidenschaftlichkeit in die Waagschale der Politik zu werfen.
Ich befürchte, sie fand nicht nur Freude an den Veränderungen in Osteuropa, die sie, wie alles, was sie wollte, so leidenschaftlich wollte. Die Dörfer konnten gerettet werden, aber die Länder sind gefährdet. Die Bilder der Solidarität unter der Weltuhr am Alexanderplatz verbleichen langsam, die Euphorie der Zusammengehörigkeit mündet in Fremdenhaß.
Nach so einem Tod wird die Welt ohnehin noch kälter, als sie war. G. Dalos
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