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Peter UnfriedTor für Deutschland

■ Heiße Vivi Preis (22) – Soll sie für den Libero noch Silikon nachlegen?

From the ice age to the dole age / there is but one concern / Some girls are bigger than others. (“Some girls are bigger than others“,The Smiths)

Eigentlich hieß sie Birgit. Strupfelzwiebel. Oder so ähnlich. Ist ja eh egal. Bediente zwei Jahrzehnte im „Bimsstadl“, draußen in Schwechat. Als Vivi Preis (22) wurde sie dann zum deutschen Markenartikel. Ich ging da nach einem bewährten Grundsatz vor: Wer sich als neue Marke auf dem Sportmarkt etablieren will, muß sehen, daß er es nicht bloß auf das Trikot von Fußballprofis schafft.

Sondern auch darunter. Die Werbebotschaft sollte die Phantasie einer Gott sei dank sehr homogenen Klientel (Männer zwischen 0 und 49) anregen und war deshalb kurz und präzise. Sie lautete: „Die Preis ist heiß“.

Die Bilder lagen natürlich längst bereit, als die Strupfelzwiebel zum zweiten Mal zum Training gestöckelt war und ihre Verabredung mit dem Libero klargemacht hatte. Tags darauf mußte ja schon das erste Exklusiv-Foto laufen (“Libero gewinnt heiße Nacht mit Preis“). Wieder tags darauf: „Exklusivinterview: Vivi: Meine Nacht mit Libero – er war so frei“. Da waren schon alle heiß. Die Donnerstagsillustrierte kriegte dann das Exklusivinterview mit „Vivi: Libero – ja es ist Liebe“. Das Männermagazin kriegte: „Vivi: Mein Libero der Lust“ mit jeder Menge Wortspielen über Freistöße usw. Der kicker kriegte: „Vivi – Mein Libero spielt in der Kette“. Das war natürlich strategisch gedacht, um fachliche Glaubwürdigkeit innerhalb der Branche zu erzielen.

So kriegte jeder was. Nur die taz und ein paar von den Langweilern natürlich nicht. Die waren zwar auch feucht vor Aufregung, mußten aber ihre Seite-3-Geschichten trocken schreiben. Supermedienkritisch natürlich – das lief alles wie geschmiert.

Na ja, danach kam dann natürlich schon die Nummer mit dem Silikon. Bundesweite TV-Debatte: 1. Soll man sich für einen Libero operieren lassen? 2. Soll Silikon rein – oder raus? 98 Prozent der Anrufer meinten: 1.) logo, 2.) immer rein. Nach zwei Wochen kannte ganz Deutschland die neuen Teile. Bevor aber einer gähnen konnte, kamen wir mit der Schlagzeile: „Vivi und der Manager – was läuft denn da?“ (Das Übliche natürlich – und das schon seit drei Tagen) Am übernächsten Tag: „Manager gegen Libero – wer gewinnt die Preis?“

Damals hab' ich ja noch selbst die Redaktionen angerufen. Heute macht das längst die Tini (eigentlich: Erika). Auch aus dem Schwechater „Bimsstadl“. Sitzt jetzt in München auf einer ganzen Stelle (“Beste Freundin von Vivi“) und ist zuständig dafür, neue Handlungsstränge am Markt zu plazieren. Das ist gut für ihre Krampfadern und klappt prima, z. B. beim Spiegel, der die Vivi, wie ich sagen muß, sehr hintergründig als „postmodern-zynische Erfolgsfrau“ porträtierte.

Na ja, wie Sie wissen, habe ich heute eine Firma mit 80 Angestellten. Neben diversen Formaten produzieren wir den Samstagnachmittag-Quotenkönig „Vivi im Stadion“. Eine geniale Sache für Nichtrechteinhaber, von mir erfunden (na gut: aus Italien adaptiert). Da sitzt die Vivi live während eines Topspiels auf der Tribüne und erzählt so ein bißchen, was sie für Kleidung trägt (oder warum nicht), fragt die Frauen vom Franz und vom Edmund, was die so anhaben und wie ihnen der Bart vom Christoph gefällt usw. Großartige Real-Life-Soap. Sie können mir glauben: Den Ball vermißt da niemand.

Natürlich ist der Manager inzwischen längst geschieden (von seiner Frau). Und der Libero auch wieder (von Vivi). Diese Phase ist vorbei, und zu so einem Kasperltheater wie dem DSF-Stammtisch geht die Vivi auch nicht mehr. Lieber „Wetten, daß!?“ – und vielleicht mal den Starschnitt im kicker.

Und falls Sie mir jetzt moralisch kommen möchten und fragen, wie man in diesem rechtschaffen korrekten Deutschland ein solches Medienverständnis haben kann wie ich? Hören S', das hat man mit der Muttermilch aufgesogen – wenn man Österreicher ist. Ansonsten kann man es lernen.

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