piwik no script img

Peter Grottian zum Bankenskandal"Die Richter müssen klug sein"

Das Karlsruher Urteil zum Landowsky-Verfahren fordert die Richter neuer Prozesse heraus, meint Peter Grottian: Es könnte zur Entlastung vieler Krimineller führen.

Klaus-Rüdiger Landowsky war Chef der überwiegend landeseigenen Berlin Hyp und gleichzeitig Fraktionsvorsitzender der CDU. Bild: Reuters

taz: Herr Grottian, das Verfassungsgericht hat am Mittwoch entschieden, dass ein Verfahren gegen den Ex-CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky neu aufgerollt werden muss. Hat Sie das aufgeregt?

Peter Grottian: Also bei den ersten Meldungen bin ich erschrocken. Aber als ich mir das Urteil angeschaut habe, war ich doch beruhigt. Letztlich haben die Karlsruher Richter ja nur gesagt: Berlin, macht eure Hausaufgaben. Das Urteil an und für sich wurde ja akzeptiert.

Die Arbeit der Richter und auch Ihrer Initiative Bankenskandal war also nicht vergebens?

Nein, es muss jetzt eben nur die Schadensbemessung beziffert werden. Aber der Prozess muss nicht komplett neu aufgerollt werden, das ist das Wichtige.

Landowsky, der zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, hat aber umgehend von der Wiederherstellung seiner Ehre gesprochen.

Das ist völlig aus der Luft gegriffen. Landowsky versucht, das erste Verfahren so zu entwerten, dass er beim jetzt laufenden Prozess ohne Gefängnis davonkommt. Nochmal: Das Bundesverfassungsgericht hat nicht das Urteil in seinem Rechtsverfahren beanstandet.

Vertrauen Sie dem Landgericht?

Ich finde, das Landgericht hat sich bei Landowsky und Co sehr auf die Hinterbeine gestellt, und ich denke auch, dass das Urteil im Großen und Ganzen bestätigt wird. Der Witz ist ja, dass die Richter auf Nebenschauplätze wie die Aubis-Affäre angewiesen sind. Der strukturelle Schaden in Höhe von bis zu 8 Milliarden Euro - nach Zahlen des Ex-Senators Thilo Sarrazin -, den die Manager den Steuerzahlern zugefügt haben, bleibt ungesühnt.

Was bedeutet das Urteil denn für die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität allgemein?

Es kommt sehr auf die Gerichte an. Wenn die Richter klug sind, werden sie zwei Sachverständige berufen und sagen, der Schaden beläuft sich in einem gewissen Korridor - damit kann man dann arbeiten. Wenn Gerichte aber nicht engagiert sind, können sie schon sagen, na ja, der Schaden lässt sich nicht so recht beziffern. Dann könnte es Freisprüche hageln. Das ist die Gefahr: dass es ein Einfallstor wird für die Entlastung von Kriminellen, gerade im Zusammenhang mit der derzeitigen Finanzmarktkrise.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!