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Archiv-Artikel

Peter Grohmann Wenn's stinkt

Ein ganz schicker Flughafen, schick wie Berlin eben. Berlin ist dort, wo die öffentlichen Toiletten verkommen und die Straßen Löcher statt Pflaster haben und wo die ganz große Welt zu Hause ist. Aber sie muss erst mal ankommen, und da legt die Welt eben Wert auf einen anständigen Flughafen, sonst bleibt sie zu Hause. Zugegeben, auch im reichen Stuttgart stinken die öffentlichen Toiletten, und wir sind hier im Herzen einer der reichsten Regionen Europas. Da fällt Gestank nicht so auf, weil wir Volksfest und Weinfest haben und Fischmarkt und Flohmarkt – es vermischt sich. Glauben Sie nicht? Dann komm' Sie doch mal riechen!

Die Sache mit den stinkenden Klos ist nicht neu. Als den sozialdemokratischen Kommunarden das Geld ausging, haben sie ihre öffentlichen Bedürfnisanstalten, Schulen, Wasserwerke und Trafostationen verkauft, das Geld der Deutschen Bank zur Spekulation übergeben und vom Gewinn die Miete für die Schulen bezahlt. Das Modell war so einleuchtend, dass es vom alten Bertelsmann persönlich hätt sein können – es überzeugte (nicht nur in Dresden) sogar die roten Brüder von der Linkspartei, sondern auch die christlichen und liberalen. „Dumm gelaufen“, wie meine Omi Glimbzsch aus Zittau gerne sagte, wenn die Milch anbrannte. Denn mit dem Gewinn wurde es bekanntlich nüscht, deshalb musste man wieder zur Bank rennen und den Rest vom Tafelsilber verscheuern. Die genossenschaftlichen Wohnungen beispielsweise – kein Problem, wo sich doch eh niemand mehr gern als Genosse anreden lässt.

Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen! Das ist Karl Marx pur. Wer in der großen Welt mal muss, erledigt seine Bedürfnisse bei McClean oder wie der Kerl heißt (oder ist das dieser Autowaschfatzke mit dem Lohndumping?) – nee, ich meine den anderen, den Rail & fresh! Da stinkt’s nie – da riecht’s wie Schwarzwald und Wannsee in einem! Aber es kostet eben. Pro Pinkeleinheit einen Euro. Da wird ein Konfirmandenbläsle teuer.

Nicht nur der Hartz-IV-Empfänger (als Mann) pinkelt bei den Events der großen, weiten Welt aus Kostengründen und weil’s pressiert wie bisher, ob in Stuttgart oder Berlin, in Sichtweise von Familie, Freundes- oder Kollegenkreis hinter den nächstbesten Baum, und wenn der abgeholzt ist, tut’s auch das nächstbeste Mäuerle. Erstens ist es dringend, zweitens will er sparen, wie seine Kommune. Oder soll er sich lieber in die Hose machen? Na also!

Peter Grohmann, Kabarettist, ist Gründer des Bürgerprojekts Die AnStifter.