Pestizidrückstände ignoriert: Bio-Fans kritisieren Anti-Öko-Studie
Die Autoren im Auftrag der britischen Lebensmittelbehörde FSA hätten mit einseitigen Forschungsergebnissen gearbeitet, sagen der Deutsche Naturschutzring und Wissenschaftler.
BERLIN taz | Umweltschützer und Bioforscher haben den Autoren einer britischen Studie Voreingenommenheit gegenüber Öko-Nahrungsmitteln vorgeworfen. "Das sieht wie ein Vorsatz aus", antwortete der Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FibL), Urs Niggli, am Dienstag in Berlin auf die Frage, warum die Briten ökofreundliche Daten nicht ausgewertet haben. Der Studie im Auftrag der britischen Lebensmittelbehörde FSA zufolge ist Bio-Essen nicht gesünder als konventionelles. Dafür wertete die London School of Hygiene & Tropical Medicine etwa 170 Studien zum Thema aus. Allerdings gingen die Autoren laut Niggli nur auf 55 dieser Untersuchungen genauer ein.
Der Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings, Helmut Röscheisen, warf den Autoren vor, gezielt Publikationen ausgeschlossen zu haben, die etwa einen höheren Gehalt von potenziell gesundheitsfördernden Stoffen bei Bioobst belegten. Außerdem falle auf, dass die Studie nur Forschungsarbeiten einbezogen habe, die bis 2008 entstanden waren. Damit seien die Ergebnisse des EU-Forschungsprojektes QualityLowInputFood, die kurze Zeit später veröffentlicht wurden, nicht mehr bearbeitet worden. Finanziert hatten diese Arbeit die EU-Kommission, sieben Staaten und Bio-Unternehmen. Die Ergebnisse besagen, dass pflanzliche Öko-Erzeugnisse höhere Gehalte an Stoffen wie Antioxidantien und Vitaminen enthielten.
Der Vize-Präsident des DNR, Hartmut Vogtmann, kritisierte, dass die FSA bei ihrer Studie niemanden aus dem Bio-Landbau einbezogen habe, obwohl die Behörde gewöhnlich zu anderen Themen Experten aus allen Richtungen einlade. Weiterhin bemängelte Vogtmann, dass die Studie "problematische Rückstände von Pestiziden, Wachstumsregulatoren, Schwermetallen und Nitraten" gar nicht berücksichtige. Zudem wies er auf die positiven Effekte des Ökolandbaus auf die biologische Vielfalt hin.
Der Hauptautor der FSA-Untersuchung, Alan Dangour, war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören