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Personalie PolizeipräsidentHenkel will Polizeichef durchknüppeln

Der CDU-Innensenator meint, er könne den neuen Polizeichef ohne Ausschreibung ernennen. Gewerkschaft: Das geht.

Henkel (r.) will es ganz anders machen als sein Vorgänger Körting Bild: dpa

Innensenator Frank Henkel (CDU) will einen überraschenden Ausweg aus dem Streit über den künftigen Polizeipräsidenten gefunden haben. Statt am jetzigen Bewerbungsverfahren um den SPD-Favoriten Udo Hansen festzuhalten oder das Verfahren neu aufzurollen, sieht Henkel die Möglichkeit, den Neuen oder die Neue ohne Gesetzesänderung und ohne Ausschreibung direkt zu ernennen. Während mehrere Innenpolitiker dem widersprechen, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) der taz: "Henkel hat recht. Das hätte auch sein Vorgänger Ehrhart Körting schon machen können."

Der Streit über die Nachfolge des im Mai aus dem Amt geschiedenen Polizeipräsidenten Dieter Glietsch hatte vorige Woche seine Fortsetzung gefunden, als das Verwaltungsgericht die geplante Ernennung von SPD-Favorit Hansen zum zweiten Mal stoppte. Als Grund nannten die Richter Verfahrensfehler. Geklagt hatte Konkurrent Klaus Keese, Chef der Polizeidirektion 1 im Berliner Norden. Kommissarisch leitet derzeit Vizepräsidentin Margarete Koppers die Behörde.

Nach der Besetzungsmisere gefragt, sprach Henkel bei einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK) am Mittwochmorgen von einem "ärgerlichen Erbe", das er jetzt abtragen müsse. Zum einen könne er Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts einlegen. "Mein Bauchgefühl sagt mir: Das verlängert das Leiden - mach es nicht." Eine Neuausschreibung wiederum könne sich erneut lang hinziehen.

Als dritten und sichtlich von ihm bevorzugten Weg malte Henkel die Möglichkeit aus, die neue Spitze ohne Ausschreibung zu besetzen. Das sei schließlich ein politisches Amt, da müsse ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehen - für Henkel liegt es da nahe, dass der Innensenator direkt ernennen und entlassen kann. Diese Möglichkeit haben Senatoren auch bei ihren Staatssekretären.

Am Rande der IHK-Veranstaltung beharrte Henkel gegenüber der taz darauf, dass dieser Weg ohne zeitaufwendige Gesetzesänderung möglich sein soll, auch wenn noch nichts entschieden sei. "Du weißt auch, dass das geht", sagte Henkel in Richtung seines dabei stehenden Parteifreunds Peter Trapp, Polizist im Ruhestand und bisher Innenausschuss-Chef des Parlaments. Trapp hatte zuvor gemutmaßt, dafür müsse das Laufbahngesetz geändert werden.

Ähnlich skeptisch wie ihr CDU-Kollege äußerten sich später auch die Innenpolitik-Experten von SPD und Linkspartei, Thomas Klein-Eidam und Udo Wolf. "Ich glaube nicht, dass Henkel einfach jemanden ernennen kann", sagte Klein-Eidam, "ich möchte nicht noch weitere Rechtsunsicherheit." Eine Variante wäre für den SPDler, zu dem früher üblichen Verfahren zurückzukehren und den Polizeipräsidenten wieder vom Parlament wählen zu lassen. Wolf lehnt eine direkte Ernennung ab und hält sie nur durch eine Gesetzesänderung für möglich. Er will entweder ebenfalls durchs Parlament wählen oder erneut ausschreiben lassen.

Der Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux wies auf eine Stelle im Landesbeamtengesetz hin, die der Hintergrund für Henkels Vorstoß sein könnte: Gemäß Paragraf 8 sei es möglich, bei der Stellenbesetzung auf ein Auswahlverfahren zu verzichten

Laut Senatssprecher Richard Meng wird die Angelegenheit nicht allein vom Innensenator geregelt, sondern mit der SPD. "Herr Henkel prüft gerade das Urteil, danach wird gemeinsam entschieden." Meng gab Henkel insofern recht, als dass die aktuelle Regelung inkonsequent sei: Der Polizeichef werde nach einem beamtenrechtlichen Auswahlverfahren eingestellt, könne aber wie ein politischer Beamter entlassen werden. Das sei in Deutschland einmalig.

Laut GdP-Sprecher Eisenreich, als langjähriges SPD-Mitglied keiner Henkel-Nähe verdächtig, war der Polizeigewerkschaft schon von jeher klar, dass der Innensenator ohne Ausschreibung ernennen könne. "Wir hatten bloß keinen Anlass, darauf hinzuweisen", sagte Eisenreich, "die Zusammenarbeit war in der Vergangenheit nicht so, wie wir als GdP uns das gewünscht hätten. Da muss der Innensenator schon selber wissen, was er tut."

Als CDU-Favorit galt der im Auswahlverfahren unterlegene Keese. Vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit aber heißt es, dass Keese für ihn nicht infrage kommt. Möglich ist daher, dass Henkel die parteiübergreifend gelobte kommissarische Chefin Koppers ernennen könnte. Bei der IHK jedenfalls betonte er, Berlin müsse so schnell wie möglich einen neuen Polizeipräsidenten "oder eine Polizeipräsidentin" bekommen.

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13 Kommentare

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  • E
    EnzoAduro

    @Hans

    Mir ging es nur darum das die Einstellung nicht derart objektivierbar ist, das man es justiziabel machen kann. Der Gedanke dadurch ein Amt zu entpolitisieren ist quatsch.

     

    Von einer Wahl halte ich auch nicht so viel, dies würde dazu führen das der Amtsträger zu Medienorientiert handelt. Was glauben Sie warum es in den USA "Prep-Walks" gibt?

     

    Nebenbei: Warum sollen wir den Polizeipräsidenten wählen, der Innensenator wird aber von Wowereit ernannt. Ich weiß, Sie sagen jetzt der PP ist Beamter, aber das ändert de-facto doch nichts.

     

    Nebenbei sind es nicht irgendwelche Firmenchefs, sondern Chefs von staatlichen Monopolunternehmen. Sie könnten auch Behörden sagen. Genauso wie die Polizei also, Monopol, Staatlich, dem Bürger dienend. Wenngleich die Polizei natürlich eine hoheitliche Aufgabe ist. Aber Sie brauchen auch nicht glauben das der Polizeipräsident sooo wichtig ist. Ihre Unterstellungen greifen also nicht wirklich.

  • H
    Hans

    @EnzoAduro

    Ich bitte Sie, die Polemik ist billig und fragwürdig.

     

    Sie vergleichen einen bedeutenden Vertreter der Executive der Stadt mit (nicht weniger bedeutenden, aber...)Firmenchefs von Transport und Müllbeseitigungsunternehmen.

     

    Das können Sie machen, wenn die Polizei zu 100% privatisiert ist, aber dann interessiert es mich nicht mehr, denn dann bin ich eh ausgewandert.

  • A
    anke

    Wo, wenn nicht bei der IHK, sollte man es verstehen, wenn ein Mann die Mühen der Ebene scheut? Was zu lange dauert, was zu mühsam oder zu riskant ist, das gehört umgangen, ignoriert oder abgeschafft. Freie Gewerkschaften zum Beispiel. Oder die alberne Idee von der Gewaltenteilung.

     

    Der Innensenator der Bundeshauptstadt Berlin z.B. behauptet öffentlich und unwidersprochen, das Amt des Polizeipräsidenten sei ein politisches Amt. Und die Gewerkschaft der Polizei lässt ihren Sprecher ausrichten: "Des basst scho!" Politik, schließlich, erfordert ein ganz besonderes Vertrauen.

     

    Wer jetzt annimmt, es sei das Vertrauen der Wähler gemeint, der irrt, und zwar ums Ganze. Es geht nicht ums Volk. Es geht lediglich um das wechselseitige "Vertrauen" zwischen einem (Dienst-)Herren und seinen Untergebenen. Wobei offenbar noch geklärt werden muss, ob auch die Legislative Dienst schiebt oder nur die Exekutive.

     

    Herr Henkel, muss ich annehmen, sieht sich in einer Doppelrolle. Er will zugleich oberster Polizist und oberster Politik-Lenker sein. Als Stichwortgeber jedenfalls profiliert er sich bereits öffentlich. Was hinter verschlossenen Türen läuft, darf man sich getrost ausmalen, wenn denn die Fantasie bis da hin reicht.

     

    Dem regierten Bürger, darf Henkel indes hoffen, ist es völlig egal, wie er zu seinem Vormund kommt. Die Hauptsache ist, es geht schnell. Das nämlich ist es, was der Durchschnittsdeutsche am wenigsten ertragen kann: eine länger andauernde ... - äh: Rechts-Unsicherheit.

     

    Vermutlich wird sich Henkel demnächst zum Kaiser von Gottesgnaden krönen. Oder zum Papst von Berlin. Wir dürfen gespannt sein. Die taz, nehme ich an, wird berichten. Zumindest von den Feierlichkeiten. Wenn sie denn akkreditiert wird bei Hofe.

  • ML
    Mittlerweile linker Cop

    Nehmt doch einen vom Verfassungsschutz. Der kann den Kollegen direkt erklären welche Kollegen vom Verfassungsschutz am Mord an unserer Heilbronner Kollegin beteiligt waren.

  • T
    Tommy

    Eine direkte Ernennung als politischer Beamter hätte auch gewisse Vorzüge. Der nächste Innensenator könnte PolPräs schneller kündigen als man "Auf Wiedersehen" sagt.

  • A
    Anne

    @EnzoAduro

    Also den BSR Chef sollte man schon auch noch direkt wählen, auf jeden Fall.

    Im Fall der BVG würde es reichen, wenn der Verkehrssenator direkt gewählt werden würde und er bereits vor der Wahl verbindlich seinen BVG Chef nennen müsste.

  • T
    Textkontrolle

    Ihr solltet die Überschrift unbedingt nochmal

    auf Zweideutigkeiten überprüfen.

    Der arme Polizeichef, das hat er nun

    wirklich nicht verdient.....

  • E
    EnzoAduro

    @Anne

    Und sollen wir das dann auch bei der BSR und der BVG machen? Dann ist ja immer Wahlkampf. Es gehen doch schon jetzt kaum Leute zu den Volksabstimmungen.

  • H
    Hans

    Naja, wozu Gesetze, wenn man sich eh nicht dran halten will.

     

    Und wenn das Landesbeamtengesetz geändert werden muss, damit Herr Henkel seine CDU-Filz-Freunde durchdrücken kann, dann sei es so.

     

    Danke, Herr Wowereit, für den Sch***

  • R
    rico

    haha, das wird noch witzig, wenn sie da nen cdu-jungen ausgraben und ihn auf sagen wir mal rechtlich neuen wegen ins amt schieben.

     

    so was tut man ja nur, wenn der wunschkandidat per bestenauslese keine chance hätte. kötti hat noch versucht ein verfahren zur wahl des besten zu simulieren und hat auf die finger bekommen.

     

    zurücklehnen & genießen sage ich...

    nur streifenpolizist möchte ich in so einer lange wirklich nicht mehr sein müssen.

  • SB
    Sven Bleitgen

    Na das wär doch ein gutes Ding!

    Henkel hat doch schon bei seiner Senatoren-Auswahl gezeigt, dass er weiß, wer der Richtige ist!

    Also lasst den Henkel mal machen, den 12-Tage-Justizsenator durch einen vielleicht 10-Tage-Polizeipräsidenten zu toppen, dass wär doch mal ein Ding!

    Schwarz-rot soll uns doch mal zeigen, was in Berlin geht:

    "Frank geh du voran!"

    Anschließend tuen wir uns doch auch gerne mal wieder den Wowi rein, wenn der aus seinem "Dauer-Traum-Ich-bin-der-Regierende" mal wieder erwacht ist.

  • E
    EnzoAduro

    Ich sehe bei diesen Ausschreibungen sowieso die Grenzen erreicht. Es wäre zu schön wenn man Qualifikation gerichtsfest so feststellen könnte wie für dieses Verfahren benötigt.

     

    Klingt für mich ein bischen nach Weltformel

  • A
    Anne

    Richtig wäre eine Direktwahl durch die Berliner. Ich bin mir sicher, dass Frau Koppers bei einer Direktwahl aus dem Amt fliegen würde.