Personaldebatten der Linkspartei: Lafontaine will nicht mitschwadronieren
Der Ex-Linksparteichef rät von öffentlichen Personaldebatten ab – und hält sich selbst alles offen. Im Saarland nutzt das der SPD, die leichter mit der CDU kuscheln kann.

Will in der Öffentlichkeit lieber nichts zu Personalfragen sagen: Oskar Lafontaine. Bild: dapd
BERLIN taz | Mit erkennbarer Befriedigung hat Oskar Lafontaine das Votum des Linkenvorstands aufgenommen, dass es keine Mitgliederbefragung über den Parteivorsitz geben solle. "Der Gutachter Morlok hat zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer Befragung die Gefahr besteht, dass zwei Leute die größte Zustimmung finden, die persönlich nicht gut miteinander können", sagte der Ex-Linksparteichef Lafontaine am Freitag zur taz.
Zu den ihm zugeschriebenen Ambitionen, selbst an die Parteispitze zurückzukehren, sagte Lafontaine erneut: nichts. "Ich schwadroniere nicht ständig über Personalfragen", erklärte der 68-Jährige. Er rate auch allen anderen davon ab: "Eine ununterbrochene Personaldiskussion löst bei der Anhängerschaft nur Kopfschütteln aus und nützt dem politischen Gegner."
Zuletzt hatte Gregor Gysi, Chef der Bundestagsfraktion, gesagt, er stelle sich vor, dass er und Lafontaine als Spitzenkandidaten 2013 in die Bundestagswahl zögen: "Ich nehme an, Oskar ist dazu auch bereit." Derzeit ist Lafontaine nur Vorsitzender der Linksfraktion im saarländischen Landtag.
Mit rot-roten Gesprächen im Saarland ist nicht zu rechnen
Dort zeigt sich gerade am Beispiel Lafontaine, wie sehr Personal- und Koalitionsfragen mit inhaltlichen Debatten zusammenhängen. Seit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in der vergangenen Woche die "Jamaika"-Koalition mit Grünen und FDP platzen ließ, steht die SPD vor der Frage, ob sie direkt in ein großkoalitionäres Kabinett einsteigt oder zunächst Neuwahlen verlangt.
SPD-Landeschef Heiko Maas hat bereits erkennen lassen, dass er gern mit der CDU regieren möchte - ob mit oder ohne Neuwahlen. Der Verweis auf Lafontaine ist für die SPD dabei ein nützliches Mittel, den Gang in eine SPD-intern umstrittene große Koalition zu rechtfertigen. Mit ersprießlichen rot-roten Gesprächen sei an der Saar nicht zu rechnen, so das Argument, weil Lafontaine undurchschaubare Absichten auf Bundesebene verfolge.
Auch bekennt sich Maas plötzlich zur Schuldenbremse: Sie sei "als Realität" anzuerkennen, sagte er vor wenigen Tagen. Damit war die Abgrenzung von der Linkspartei markiert. Die vergangenen zwei Jahre hat Maas gemeinsam mit Lafontaine in der Saar-Opposition stets gegen die Schuldenbremse gewettert.
Erste Sondierungsgespräche
Gegenüber der taz erklärte Lafontaine nun, dass die Linkspartei im Saarland selbstverständlich für Koalitionsgespräche bereitstehe. "Wir sind aber nicht bereit, die Schuldenbremse zu akzeptieren, von der die Saar-SPD bisher zu Recht sagte: Schuldenbremse heißt weniger Bildung und weniger Sozialstaat." An diesem Sonntag werden Kramp-Karrenbauer und Maas erstmals zu Sondierungsgesprächen zusammentreffen, Hauptthema sollen die Finanzen sein.
Lafontaine kann es nur recht sein, wenn die SPD selbst im Saarland, wo es 2009 beinahe zu Rot-Rot-Grün gekommen wäre, nun in Richtung große Koalition marschiert. Eine rechte SPD nützt seiner Ansicht nach dem Profil und den Umfragewerten der Linkspartei mehr als eine rot-rot-geneigte SPD.
Leser*innenkommentare
Michael S.
Gast
Lafontaine ist doch stänig am schwandronieren und das 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche lang. Die größte Angst des selbstverliebten Populisten ist es doch in einer Koaltition Realpolitik betreiben zu müssen oder nur das Betamännchen spielen zu dürfen.
Chris
Gast
Mannmannmann... wenn ein Mitgliederentscheid zwei Leute zusammbrächte , die sich gegenseitig nicht in den Kram passen, dann könnten die ja genau dadurch mal ihre Professionalität unter Beweis stellen, indem sie den Job trotzdem ordentlich machen.
Das sollte man sich im normalen Arbeitsleben mal erlauben - darauf bestehen, dass man nur direkte Kollegen bekommt, mit denen man kann.
echtnichzufassen...
axel
Gast
Die SPD-Abgrenzung zur Linken erfolgt über ihre unsoziale Sparpolitik zu Lasten der Mehrheit der Bevölkerung (auf Landes- wie auf Bundesebene). Beim Personal setzt die SPD egal ob Bundesebene, Saarland oder NRW auf Vertreter der Agenda- und Umverteilungspoltik von unten nach oben und ist damit idealer (Junior-)Partner für CDU oder Grüne.
Inhaltlich und personell paßt es nicht mit der Linken und seitens der Linken ist man gut beraten, die Unterschiede in der Sozial-, Bildungs- und Friedenspolitik immer wieder klar herauszustellen. Die Mainstreampresse inklusive taz hingegen versucht die inhaltlichen Differenzen zu vernebeln und personell mit ihrem "Buhmann" Lafontaine gebetsmühlenartig zu punkten.
Weinberg
Gast
Erst war die Saar-SPD gegen die Schuldenbremse. Jetzt, nachdem für die Saar-SPD die Aussicht auf einen kuscheligen Platz im Koalitionsbett mit der Saar-CDU in greifbare Nähe gerückt ist, bekennt sie sich zur Schuldenbremse.
Fazit:
Die SPD blinkt stets LINKS um dann aber ganz schnell (bei nächster Gelegenheit) nach RECHTS abzubiegen.
Die Linkspartei im Saarland wäre in der Tat schlecht beraten, sich mit einer solch flatterhaften SPD in die Regierung zu begeben.
Lafontaine hat Recht, wenn er sagt „Schuldenbremse heißt weniger Bildung und weniger Sozialstaat." Und für weniger Bildung und weniger Sozialstaat (siehe Armut per Gesetz durch die Hartz-Gesetze der SPD und der Grünen) stehen nun einmal die Sozialdemokraten!
Matze38
Gast
zeigt auch mal wieder das der spd nicht zu trauen ist, sobald sie in machtnähe sind, zeigen dei ihr wahres gesicht. erst dagegen, dann doch wieder dafür.
Matze38
Gast
zeigt auch mal wieder das der spd nicht zu trauen ist, sobald sie in machtnähe sind, zeigen dei ihr wahres gesicht. erst dagegen, dann doch wieder dafür.
Dr. No
Gast
Es wird wieder mal ein Popanz aufgebaut mit dem Tenor, die Linke sei nicht berechenbar. Waren die Grünen berechenbar, als sie mit FDP und CDU koaliert haben, obwohl sie vor der Wahl etwas anderes behauptet haben?
War Frau Kamp-Karrenbauer berechenbar, als sie der FDP just in dem Moment vor die Tür setzt, als Rösler auf dem Dreikönigstag seine Rede hält. Ich bin Linker und mag die FDP nicht, aber wie sagte Herr Bremer gestern bei Illner recht treffend: "So was schickt sich nicht."
Dabei war die FDP der Wunschpartner der CDU. Noch vor 2 Jahren. Und ist die SPD berechenbar, die die CDU aufs schärfste bekämpft hat, und jetzt mit der CDU ins Bett steigen will? Da muss dann dunkles Gemunkel über Lafontaines bundespolitische Ambitionen herhalten. Wussten die Wähler in Niedersachsen, dass sich Christian Wulff als Ministerpräsident zur Halbzeit vom Acker machen würde oder Ole von Beust 2 Monate nachdem er seine volle Pensionsberechtigung erreicht hat mit noch nicht mal 60 Jahren den lieben Gott nen guten Mann sein lässt. Rente mit 67 lässt grüßen. Sorry taz, dieser Artikel trieft mal wieder nur von versteckten Andeutungen. Ich greife mittlerweile lieber zur Welt aus der Springer-Presse. Die berichtet objektiver als die taz. Das muss man sich mal vorstellen.