piwik no script img

Peres ProjectsMenschen wie Hunde: Melike Karas anonyme Wesen

Melike Kara, „Thirsty Fish“, 2017, Acryl und Ölsticks auf Canvas Foto: Matthias Kolb; Courtesy Peres Projects, Berlin

Hat schon einmal jemand gezählt, wie vielen Menschen man an einem Tag in der Großstadt begegnet? Und wie viele Gesichter dabei hängen bleiben, weil sie aus der anonymen Masse hervorstechen? Die Personen, die auf Melike Karas Leinwänden aufeinandertreffen, lassen sich jedenfalls kaum unterscheiden. Sie haben kein Geschlecht, kein Alter, keine kulturellen Merkmale. Ihre Gesichter wirken wie Masken, ihre kahlen Schädel so austauschbar wie ihre Körper. Sie sind alle gleich, egal ob blau, rosa oder schwarz.

Waren es in Karas erster Einzelausstellung im Jahr 2016 bei Peres Projects noch chamäleonartige Zungen, mit denen sich die anonymen Wesen auf eine Weise annäherten, die nicht nur introvertierte Persönlichkeiten verschrecken würde, stehen bei ihrer zweiten in der Galerie Hände und Finger im Vordergrund. Manche zeigen nur etwas, andere betatschten Gesichter, bohren sich in Mund oder Nase, kraulen Schultern, legen sich um Hälse und Hüften, auf Knie und Bäuche oder greifen ineinander. Greifbarer sind nun auch Karas Verweise auf Fragen der Identität, der Zugehörigkeit, des Umgangs mit dem Fremden. Kara hat zwischen ihre Bilder schwarzweiße Fotografien menschenleerer Landschaften in der Türkei wie leerstehender türkischer Geschäfte in Deutschland gehängt. Dazwischen sitzen kalkweiße Holzhunde wie Sinnbilder. Sie haben der Ausstellung ihren Namen gegeben: „Köpek“, türkisch für Hund. Brav tun sie ihre Pflicht, schützen vor Eindringlingen, ob Dackel oder Köpek, in der alten Heimat wie der neuen. bsh

Bis 11. 11., Mo.–Fr. 11–18 Uhr, Karl-Marx-Allee 82

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen