HAMBURGER SZENE VON KLAUS IRLER : Peace, Love and Reeperbahn
Die Treppe führt steil nach unten und das Treppenhaus ist rot beleuchtet. Mit jedem Schritt, jeder Stufe steigt die Temperatur. So stellen wir uns die Reise zum Mittelpunkt der Erde vor: Rapide steigende Temperaturen. Rotes Flimmern. Seltsam nur die vielen Leute, die uns entgegen kommen.
Unten ist die Hitze atemberaubend. Eine feuchte Hitze im Stil einer Sauna, ausgeschwitzt von eng gedrängten Menschen. Wir sind im Live-Club Molotow an der Reeperbahn, es ist der erste Abend des Reeperbahn-Festivals, bei dem in vielen Clubs viele Bands spielen. Wie heißt die Band nochmal? Die Band heißt Girls und besteht aus vier jungen Männern aus San Francisco, die Hippie-Pop machen.
Unsere Gesichter kleben und etwas ist anders als sonst. In der Hitze gibt es keinen Zigarettenrauch. Die Zeiten haben sich geändert, denken wir als wir nach oben laufen, dahin, wo Luft ist.
Draußen unter dem Sternenhimmel spielt eine Band auf einem Hausdach. Die Band klingt melancholisch und macht Werbung für das Trinkwasserprojekt Viva con Agua. Auf der Hauswand unter der Band ist ein Comic, der von der Arbeit von Viva con Agua erzählt. Viva con Agua ist ein Projekt aus St. Pauli, das sich für die Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern einsetzt.
Die Kreuzung ist voll mit Menschen, die der Band zuhören. Autofahrer kommen angefahren, bleiben stehen, schauen, drehen um. Als die Polizei die Lautstärke beanstandet, sagt der Moderator: „Leute, die Polizei ist hier, wir sind zu laut. Bitte jubelt ein bisschen leiser.“ Also jubeln die Leute leiser.
Eine Sternschnuppe löst sich und die Menschen vor der Viva con Agua-Bühne fassen sich an den Händen, um sich auf einen gemeinsamen Wunsch für das Projekt zu konzentrieren. „Moment“, sagt mein Begleiter, „das bildest Du Dir jetzt ein.“ Er hat recht. Aber die Zeiten, die haben sich geändert.