■ Scheibengericht: Paul Simmons
Deutsche Clavichord-Musik (Ars Musici AM 1145-2)
Lange Zeit galt es nicht als vollwertiges Musikinstrument, sondern als Übungsinstrument für Organisten: Das Clavichord war das „Home-Keyboard“ des Barockzeitalters. Es war erschwinglich, klein im Umfang, handlich und leicht. Man brauchte es nur auf einem Tisch aufzuklappen, und schon war es spielbereit. Für ein derart sensibles Tasteninstrument war der Konzertsaal das falsche Format. Sein gedämpfter, nur kurz aufklingender Ton entfaltete erst im direkten Gegenüber von Interpret und Zuhörer seine ganze Wirkung – er ließ eine Aura der Empfindsamkeit entstehen.
Die Notenliteratur für Clavichord ist vielschichtig und umfaßt neben Transkriptionen von Stücken, die ursprünglich für andere Tasteninstrumente entstanden waren, auch Kompositionen, die die Wahl des Instruments offenlassen. So ist etwa auf dem Deckblatt von Johann Kuhnaus „Biblischer Sonate Nr. 4“ aus dem Jahre 1700 eine Dame abgebildet, die Orgel spielt, im Hintergrund aber auf einem Tisch ist ein geöffnetes Clavichord zu sehen. Darüber hinaus gibt es vor allem aus dem 18. Jahrhundert Werke, die eigens für die Aufführung „auf dem Claviere“ gedacht waren, wie die zeitgenössische Bezeichnung für das Clavichord lautete.
Paul Simmons, ein Tastenspezialist für frühere Musik, spannt den Bogen seines Repertoires über mehr als ein Jahrhundert von der Vor-Bach-Zeit eines Dietrich Buxtehude bis zu den Clavichord-Meistern des späten 18. Jahrhunderts wie Daniel Gottlob Türk und Johann Wilhelm Hässler, die noch für das stille Kammermusikinstrument schrieben, als bereits das Pianoforte dabei war, ihm den Rang abzulaufen.
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