Parlamentswahlen in Kuba: 614 Kandidaten für 614 Sitze
Für ein "einheitliches Wahlergebnis" hatte Kubas Regierung geworben. Sie hat es bekommen, logisch.
HAMBURG taz Für ein "einheitliches Wahlergebnis" hatte die Regierung in Havanna im Vorfeld der Parlamentswahlen geworben. Sie hat es bekommen - aus Mangel an Alternativen.
Mehr als 8,1 Millionen Kubaner, berichtete am Montagfrüh erfreut die Leiterin der kubanischen Wahlkommission (CEN), María Esther Reus, seien trotz des schlechten Wetters an die Urnen geeilt und hätten ihre Stimme abgegeben. Mit der Wahlbeteiligung von 95 Prozent war die Wahlleiterin, im Hauptberuf Justizministerin, sehr zufrieden. Auch den Aufruf Fidel Castros zu einer "einheitlichen Stimmabgabe für ein einheitliches Land" scheint sich das Wahlvolk zu Herzen genommen zu haben.
Es hatte allerdings auch nicht viel Auswahl, denn 614 Kandidaten standen für die 614 Sitze im kubanischen Parlament zur Auswahl. "Die Kandidaten sind handverlesen und nahezu ausschließlich von der Kommunistischen Partei aufgestellt", schildert Oswaldo Payá das Procedere. Der Oppositionelle hat einmal versucht fürs Parlament zu kandidieren und hat aufgegeben, nachdem "ich und meine Familie bedroht wurden". Seitdem wirbt Payá für ein Referendum über Kubas politische Zukunft.
Über die entscheiden vorerst andere, und als historischen Stichtag hat Raúl Castro den 24. Februar auserkoren. Das ist der Termin für die erste Sitzung des neu gewählten Parlaments - und dann ist es die Aufgabe der 614 Parlamentarier, darunter verdiente Sportcracks wie die Mittelstreckenläuferin Ana Fidelia Quirot, Schriftsteller Miguel Barnet, aber eben auch die Castrobrüder, darüber abzustimmen, wer die Schlüsselpositionen in der kubanischen Politik fortan bekleidet.
Absehbar ist, dass Fidel Castro erstmals nicht mehr als Staatschef zur Verfügung stehen wird. Eine repräsentative Funktion aber wird das Parlament sicherlich noch für den 81-Jährigen vorgesehen haben, schließlich gilt es, nach außen Kontinuität und Geschlossenheit zu demonstrieren.
Dazu dienten auch die Wahlen, und bisher können die Machthaber in Kuba recht zufrieden sein. Dass Fidel und die 613 Kandidaten für die Nationalversammlung gewählt wurden, daran ließ Wahlleiterin Reus keinen Zweifel. Auf die Zahlen über ungültige Stimmzettel, ein wichtiger Gradmesser für die Unzufriedenheit in Kuba, musste man allerdings noch warten. Die sollten erst am Montagnachmittag (Ortszeit) veröffentlicht werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch