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Paris muß Schadenersatz für Flüchtlinge zahlen

Paris (taz) — Der Pariser Gerichtshof hat sechs Ausländern Recht gegeben, die Innenminister Philippe Marchand wegen willkürlicher Freiheitsberaubung verklagten. Fünf Haitianer und eine Zairerin waren nach ihrer Einreise über den Pariser Flughafen Roissy mehrere Wochen lang ohne richterliche Kontrolle in einem Hotel eingesperrt worden, das unter Polizeiaufsicht steht. Das Innenministerium betrachtet die eigens angemietete Hoteletage als „Transitzone“ für Ausländer, deren Situation nicht geklärt ist. Es handle sich nicht um Freiheitsentzug, weil die Ausländer Frankreich jederzeit mit dem Flugzeug verlassen könnten, argumentiert Marchand.

Das Gericht ist anderer Ansicht: „Diese Zone ist eine juristische Fiktion und darf den Grundrechten der individuellen Freiheit nicht entzogen werden“, heißt es in dem Urteil. Die französischen Gesetze sehen vor, daß Ausländer, die abgeschoben werden sollen, nur bei „absoluter Notwendigkeit“ mit Zustimmung eines Richters maximal sieben Tage festgehalten werden dürfen. Der französische Staat soll den sechs Ausländern nun 10.000 Mark Schadensersatz leisten. Marchand hat Berufung eingelegt.

Wie die sechs Kläger werden in Frankreich jedes Jahr rund 10.000 Ausländer behandelt, deren Papiere nicht in Ordnung sind oder denen unterstellt wird, daß sie unberechtigt Asyl beantragen wollen. Marchand ist es bislang nicht gelungen, die gängige Praxis zu legalisieren. Das Verfassungsgericht hatte seinen Gesetzentwurf im Februar für verfassungswidrig erklärt. Dennoch werden unerwünschte Ausländer bis heute im Hotel Arcade eingesperrt. Das Innenministerium will im April ein neues Gesetz durchbringen, das mit der Verfassung in Einklang steht. „Bis dahin können wir täglich zu Schadenersatz verurteilt werden“, heißt es im Ministerium. Bettina Kaps

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