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Panthersprung zur Partei

Der Seniorenschutzbund „Graue Panther“ verabschiedet sich von den Grünen Jahreshauptversammlung beschließt nach heftiger Debatte mehrheitlich Parteigründung „Die Grauen“  ■  Aus München Luitgard Koch

In den Schäfflerstuben des Münchner Hofbräuhauses wird, wie an jedem Dienstag, zum Seniorentanz aufgespielt. Von der Jahreshauptversammlung des Seniorenschutzbundes „Graue Panther“ wissen die wenigsten. Einige Türen weiter wird im Festsaal von den rund 400 anwesenden „Grauen Panthern“ seit dem frühen Morgen heftig debattiert. Am späten Nachmittag ist es dann soweit: “'Die Grauen‘ werden morgen gegründet“, ruft ihre wiedergewählte Vorsitzende Trude Unruh - sie erhielt 328 Stimmen - lautstark und siegessicher in den Saal. Die Versammlung hat lediglich darüber abzustimmen, ob der Name der neuen Partei den Zusatz „initiert von den Grauen Panthern“ erhält. 84 Mitglieder erheben sich von ihren Plätzen. Sie sind dagegen.

Trotzdem: Die 64jährige Trude Unruh hat es geschafft. Damit ist die sechsjährige Zusammenarbeit sowie der „Sprachrohrvertrag“ mit den Grünen aufgekündigt. Auslöser dafür war die Forderung der Grauen Panther nach einer festen Quote bei der Aufstellung der Listen für die Bundestagswahl 1990. Streit mit den Grünen gab es nach Aussagen von Trude Unruh nicht zuletzt auch um Geld. Bis heute fehlen der Vorsitzenden noch 80.000 Mark, die sie für den Bundestagswahlkampf aufgewendet hat.

Außerdem fühlt sie sich vom grünen Vorstandssprecher Ralph Fücks beleidigt. In einem Brief hatte er klargestellt, daß den „Grauen Panthern“ bei den Grünen „kein Alleinvertretungrecht bei renten- und altenpolitischen Fragen“ zugebilligt werden könne. Stein des Anstoßes waren freilich auch die „Wahlprüfsteine“ der Grauen Panther. So lehnte die grüne Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck -Oberndorf das geforderte Babyjahr für alle Mütter als „Gebärprämie“ ab. Mit ihr bekam sich Trude Unruh ziemlich in die Haare. „Die ist ja fast zusammengebrochen“, erzählt sie in ihrer fast einstündigen sehr emotionalen Abrechnung mit den Grünen. Auch Graue Panther vor Ort sind von den Grünen entäuscht. Den letzten großen Knatsch gab es bei den Europawahlen, als Lisette Milde vom sicheren siebten Listenplatz auf Platz zwölf zurückgehen sollte.

Doch nicht alle Mitglieder der Grauen Panther wollen sich eine Zusammenarbeit mit den Grünen verbieten lassen. Vor allem aus dem Frankfurter Raum, dort sitzt das „Graue -Panther„-Mitglied Marianne Lange im Stadtparlament, kommt vehementer Widerspruch. „Wir haben in Frankfurt nun mal keine Krach mit den Grünen, betont die Stadtträtin. „Ich glaube, daß wir besser vorwärts kommen, wenn wir politisch neutral sind“, so der Karlsruher Fred Braun.

Kritik wird auch am fehlenden Delegiertensystem bei den Grauen Panthern geübt. Da nur 1,3 Prozent der rund 30.000 Mitglieder anwesend seien, könne von einer demokratischen Abstimmung keine Rede sein.

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