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taz panter stiftung

Rückblick Panter Preisverleihung 2023 Gegen Banken und Kontrolettis

Vor großem Publikum wurde am Abend der Genossenschaftsversammlung der taz Panter Preis verliehen. Gewonnen haben der „9-Euro-Fonds“ und „Facing Finance“.

Freuen sich: Thomas Küchenmeister (m.) von Facing Finance und Leo Maurer vom 9-Euro-Fonds Foto: Anke Peters

taz Panter Stiftung | Wenn Bascha Mika, Kuratoriumsmitglied der taz Panter Stiftung, in der Eröffnungsrede zum Panter Preis einen CDUler lobend in den Mittelpunkt stellt, könnte man skeptisch werden. Braucht man aber nicht. Denn die Worte gelten Heiner Geißler, der sich politisch vom „Saulus zum Paulus“ gewandelt hatte und ein „regelrechter Linker in der CDU geworden war“.

Sodass es er war, den die taz in der Jury für den ersten Panter Preis 2005 dabei haben wollte. Und auch, weil er, wie Mika erzählt, als 70-jähriger trotz gebrochener Rippe auf einen Berg kletterte. „Das war Ausdruck einer Zähigkeit; er wollte nicht aufgeben.“

Nicht aufgeben, sondern sich weiter engagieren, auch wenn die politische Lage mittlerweile eher hoffnungslos erscheinen mag. Das zu unterstützen, fördern und ehren, ist Ziel des Panter Preises.

Foto: Anke Peters

Der Festsaal Kreuzberg ist bis auf die hintersten Reihen voll besetzt an diesem Abend der Preisverleihung. Und dass, obwohl die meisten im Saal schon seit dem frühen Morgen bei der Genossenschaftsversammlung dabei sind. Zum vierten Mal wird der Preis an Initiativen vergeben, die sich speziell für das Klima einsetzen. Dieses Jahr lautet das Motto: Klima für Gerechtigkeit.

Die Stiftung wird 15, der Preis volljährig

Es gibt sogar noch mehr zu feiern. Die taz Panter Stiftung wird 15 Jahre alt und der Panter Preis tatsächlich „volljährig“ – wie Bascha Mika das scherzhaft gegenüber der Erfinderin des Preises Stephanie Urbach erwähnt. Der richtige Moment, um eine Influencer-Karriere zu starten?

taz Panter Preis

Vergeben wurden zwei mit je 5.000 Euro dotierte Preise. Über 6.000 Leser*innen haben abgestimmt, wer von den sechs Nominierten den Preis der Leser*innen erhalten soll. Anlässlich des 15. Jubiläums der taz Panter Stiftung wurde dieses Jahr zudem ein „Preis der Ehemaligen“ vergeben, der von den früheren Panter-Preis-Gewinner*innen gekürt wurde. Die Preisverleihung fand mit vielen Gästen vor Ort im Festsaal Kreuzberg in Berlin statt und als Liveübertragung im Internet. Wer sie verpasst hat: taz.de/talk.

Wichtig wäre es allemal, denn es seien auch solche Initiativen, die gesellschaftliche Kipppunkte ermöglichten, sagt Anders Levermann, Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Er war einer der ersten, die 2014 in einem Paper über klimatische Kipppunkte schrieb. Es sei noch im Bereich des Möglichen, die Klimakrise aufzuhalten. „Wir müssen nur aufhören, Angst vor Grenzen zu haben“, sagt er in seiner Keynote.

Sechs Initiativen sind nominiert. Doch bevor ihre Vertreter auf die Bühne kommen, kündigen die Moderatoren des Abends, Gereon Asmuth – langjähriger und routinierter Panter Preis Moderator – und Amina Aziz – freie Journalistin – beide sehr farbenfroh gekleidet, an, dass es diesmal anders ablaufen wird, als in den vergangenen Jahren.

Die ehemaligen Ge­win­ne­r*in­nen des Panter Preises sind es, die zum 15. Jubiläum der Panter Stiftung über den zweiten Hauptpreis entschieden haben. Und zudem werden die Initiativen nicht einzeln auf der Bühne vorgestellt, sondern alle sitzen gemeinsam dort.

Je Magdeburger Bürger*in ein Baum

Da gibt es „Otto pflanzt!“ aus Magdeburg, die seit drei Jahren vor Ort „Pflanzparties“ organisieren. Das Ziel: In Magdeburg sollen so viele Bäume gepflanzt werden wie es Ein­woh­ne­r*in­nen gibt.

Die Initiative „Facing Finance“ geht den Kampf gegen die Klimakrise anders an und schaut aufs Geld. „Was mit unserem Geld passiert, hinterfragen wir viel zu wenig“, sagen sie. Als „Transparenzinitiative“ sieht sich Facing Finance, als von Banken unabhängiger Ratgeber.

Moderator Gereon Asmuth mit Julia Zigann vom Verein Otto pflanzt Foto: Anke Peters

Die Gruppe „9-Euro-Fonds“ ist in grauen Schaffneruniformen erschienen und trägt Sticker auf der Brust: „Ich fahre ohne Fahrschein“. Ihre Idee: Das 9-Euro-Ticket aus dem vergangenen Sommer sollte weiter bestehen, und da die Politik nicht mitmacht, machen sie das mit einer Art zivilen Ungehorsam einfach selbst. Wer neun Euro in den Fonds spendet, bekommt, wenn er ohne Ticket erwischt wird, das „Knöllchen“ von der Initiative aus dem gemeinsamen Topf bezahlt.

Weiter geht es mit „Azubis for Future“, die die Arbeiter- und Klimabewegung verbinden möchten und bessere Bedingungen in klimarelevanten Berufen schaffen. Ihr Vertreter auf der Bühne kann das kaum aussprechen, er wird vom Applaus aus dem Publikum unterbrochen. Eines ihrer Projekte sei bislang die Entwicklungen einer Tinder-ähnlichen App, die für Menschen, die in klimarelevante Berufe gehen wollen, den passenden findet.

Bürgerbeteiligung für die Klimaneutralität

Die Havelmi Genossenschaft produziert Hafermilch an der Havel und hat ein paar Flaschen als Kostprobe dabei. Das besondere ist aber weniger die Hafermilch an sich. Havelmi ist bislang der erste genossenschaftlich organisierte Hafermilch-Produzent, der seine Milch zudem in Mehrwegflaschen verkauft.

„Es ist als würden wir hier alle verschiedene Sportarten betreiben“, sagt Gesa Maschkowski von Bonn4Future. „Und wir versuchen eben den Tango mit der Verwaltung.“ Und auf diesem Parkett haben sie schon einiges erreicht. Nominiert sind sie zusammen mit dem „Klimaentscheid Erfurt“. Beide Initiativen setzen sich für mehr direkte Demokratie in Sachen Klimapolitik ein. In Bonn haben sie geschafft, dass 207 zufällig geloste Bürger mitentscheiden können, wie sie Klimaneutralität erreichen möchten. Die Frage sei nicht das „ob“, sondern das „wie“.

Alle beisammen: Die Nominierten und die beiden Preisträger*innen Foto: Anke Peters

Und dann endlich die Preisverleihung. Über 6.000 Le­se­r*in­nen haben dafür abgestimmt, dass der „9-Euro-Fonds“ den Preis verdient habe. Das Preisgeld würden sie auf jeden Fall nutzen, um Gefangene freizukaufen, die wegen Fahren ohne Fahrschein im Gefängnis sitzen.

Den „Preis der Ehemaligen“ erhält „Facing Finance“. Das Team verspricht das Preisgeld „sinnvoll“ einzusetzen. Wenn sie das nicht tun, wer sollte es dann tun?

Unter Applaus endet die Preisverleihung. Die meisten freuen sich nach über zwei Stunden gespanntem Zuhören auf ein Getränk und etwas Musik im Hof des Festsaal Kreuzbergs. Für heute wurde die Welt genug gerettet.