Panter-Preis-Gewinner 2022: Aufgeben ist keine Option

Solidarisch im Kampf gegen die Klimakrise: Den Panter Preis gewinnen Umweltaktivist Peter Emorinken-Donatus und die BioBoden Genossenschaft. Erstmals wird das Preisgeld geteilt.

So sehen glückliche Nominierte aus: Preisverleihung in der taz Kantine Foto: Anke Phoebe Peters

14.11.2022, taz Panter Preis | Das hat es beim Panter Preis noch nie gegeben: Als Uwe Greff, Geschäftsführer der BioBoden Genossenschaft, auf die Bühne tritt, um den Leser:innen-Preis entgegenzunehmen, verkündet er das Preisgeld mit allen Nominierten teilen zu wollen. Denn auch die Mitbewerber:innen hätten einen Preis verdient – und die Klimakrise könnten wir eh nur gemeinsam lösen.

Aber der Reihe nach: Etwas zu pünktlich startet Gereon Asmuth um 17.59 Uhr mit der Moderation der Preisverleihung und wird darum von der Regie unterbrochen. Das Publikum muss sich noch einen Augenblick gedulden, dann geht es los. Asmuth, der Leiter der Regie-Ressorts der taz, moderiert die Veranstaltung laut eigener Aussage „ungefähr zum achten Mal“, während seine Co-Moderatorin Ruth Lang Fuentes ein noch etwas unbekannteres Gesicht ist. Doch auch die Panter-Volontärin, die seit etwas mehr als einem Jahr bei der taz ist, hat schon Moderationserfahrung („Stimme meiner Generation“).

Am Samstagabend wurde der taz Panter Preis in Berlin-Kreuzberg vergeben. Dieses Mal ging es beim von der taz Panter Stiftung ausgelobten Preis um soziale Klimaprojekte. Über 100 Initiativen bewarben sich, 5.300 Leser:innen stimmten für den Publikumspreis ab – den zweiten Preisträger bestimmte eine Jury. Beide Preise sind mit jeweils 5000 Euro dotiert.

Einleitend begrüßt Konny Gellenbeck, Vorständin der taz Panter Stiftung, die Gäste in der taz Kantine und Zuhause vor ihren Bildschirmen und betont die Wichtigkeit von Menschen und Initiativen, die sich engagieren, dadurch den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken und die Welt etwas besser machen. Gellenbeck bedankt sich bei allen Initiativen: „Wenn wie heute Abend Menschen hier stehen, die real etwas bewirken, dann ist das für uns schon ein großes Geschenk.“

taz-Wirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann meldet sich anschließend mit einer Videobotschaft zu Wort und lobt die diesjährige Themensetzung. Denn Gerechtigkeitsfragen seien in der Klimakrise von zentraler Bedeutung. Laut Herrmann emittiert das reichste ein Prozent in Deutschland jedes Jahr 118 Tonnen CO2 pro Kopf. Das ist etwa zwanzigmal so viel wie die untere Hälfte der deutschen Bevölkerung.

Ungleichverteilung der Schäden

Das wiederum ist immer noch ein vielfaches mehr als in einem Land wie Malawi, wo ein Mensch im Durchschnitt nur 100 Kilogramm CO2 verbraucht. Gerecht ist das wohl kaum. Die Ungleichverteilung der Schäden, die gerade jene Länder mehr belastet, die durchschnittlich am Wenigsten emittieren, mache die Gesamtlage nur noch ungerechter, sagt Herrmann. Es brauche deshalb ein „grünes Schrumpfen“, bei welchem reiche Menschen besonders verzichten müssen.

Zwei Panter Skulpturen für sechs Projekte Foto: Anke Phoebe Peters

Und damit Vorhang auf für die sechs nominierten Projekte: 500 AKA („500 Menschen aktiv für Klima- und Artenschutz“) mobilisiert unermüdlich und in Massen freiwillige Helfer:innen, um Biotope in und um Osnabrück anzulegen. Initiator Kai Behncke spricht sich beim Interview auf der Bühne gegen ein Vergessen „des kleinen Bruders oder der kleinen Schwester“ des Klimawandels aus: das Artensterben.

Jasper Holler und Uwe Greff kaufen mit ihrer BioBoden Genossenschaft indes Land auf und verpachten dieses an Bauern, welche ökologische Landwirtschaft betreiben. Eindeutiges wie offensichtliches Ziel: „Möglichst viel Boden schützen.“ Und wie wir inzwischen wissen, sind Böden ein wichtiger CO2-Speicher, dessen Bedeutung noch die von Wäldern übertrifft.

Der aus Nigeria stammende Aktivist Peter Emorinken-Donatus setzt sich mit dem Bündnis Ökozidgesetz für eine international wirksame Regelung ein: „Wenn wir die Klimakatastrophe ernsthaft bekämpfen möchten, müssen Ökozide als Verbrechen eingestuft werden.“ Emorinken-Donatus betont, dass Europa nur durch die anhaltende Ausbeutung Afrikas seine heutige wirtschaftlichen Stärke erreichen konnte. Umso mehr kritisiert er, dass wir bei akuten Krisen auf unserem Nachbarkontinent oft wegschauen – so wie gerade bei der Flutkatastrophe in Nigeria, durch die tausende Menschen im Nigerdelta ihr Hab und Gut verloren haben.

Im Antikohlekampf

René Schuster von der Umweltgruppe Cottbus befindet sich momentan in einem Grundabtretungsverfahren: Ein gepachtetes Waldstück soll für den Kohletagebau Nochten enteignet werden. Sich dagegen zu wehren, sei schwierig, aber Schuster ist es solche Widerstände gewohnt. Seit er 15 Jahre alt ist, engagiert er sich in der Lausitz gegen den Kohleabbau und für Naturschutz.

Auch die Mahnwache Lützerath ist im Antikohlekampf aktiv – vor allem im letzten Monat hat sie aufgrund des drohenden Abrisses des Dorfes verstärkt mediale Aufmerksamkeit erhalten. Das Projekt aus dem Rheinischen Kohlerevier ist gleich mit acht Leuten nach Berlin gekommen und sieht sich selbst als „Brücke zwischen Dorf und bürgerlicher Mitte“. Kraft und Hoffnung schöpfe man nicht zuletzt durch die „große Solidarität“, welche der Initiative entgegengebracht wird.

Der genossenschaftliche Mitmach-Supermarkt SuperCoop aus dem Berliner Wedding verkauft derweil überwiegend ökologische Produkte zu erschwinglichen Preisen. Das ist nur dadurch möglich, dass die Mitglieder im Supermarkt mitarbeiten. Inaktivität sei angesichts unser großen Probleme jedenfalls keine sinnvolle Alternative, sagt SuperCoop-Mitgründerin Johanna Kühner: „Wir müssen anfangen, damit sich überhaupt etwas tut.“

Wachstum als Holzweg

Ähnlich hatte sich kurz zuvor schon der Klimajournalist Bernhard Pötter, der für die taz von der Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh berichtet, in einem Videogruß geäußert: „Immer weiter, nicht aufgeben. Wir tun unser Bestes – auch von hier aus.“

Pastor Leumund bittet um außerplanetarische Hilfe Foto: Anke Phoebe Peters

Zwischendurch tritt Pastor Leumund im pinken Bademantel mit Kapuze auf. Der MC ist als Gründer der Bergpartei („Wachstum als Holzweg“) in Berlin eine Szenegröße und ruft in einer seiner musikalischen Einlagen eine „außerplanetarische Opposition“ herbei, welche die Menschheit retten solle. Den beiden Mo­de­ra­to­r:in­nen drückt er Schilder in die Hand, auf deinen Slogans stehen wie „liebe deinen nächsten wie dein auto“. Oder auch: „fick dein großprojekt“.

Danach ist der Zeitpunkt gekommen, auf den an diesen Abend alle gewartet haben: Die Verleihung der beiden Panter Preise. Es bleibt der Fridays-for-Future-Sprecherin Clara Mayer vorbehalten, den Gewinner des Jurypreises bekanntzugeben: Peter Emoriken-Donatus. Ein lautes „Jaaa!“ ertönt aus dem Publikum, gefolgt von tosendem Applaus. Mayer bedankt sich für den unermüdlichen Einsatz von Emorinken-Donatus „gegen rassistische und koloniale Strukturen“. Diese seien auch heute noch „nicht Vergangenheit, sondern Alltag“. Der juristische Kampf, den Emorinken-Donatus führt, ist laut Clara Mayer zwar mühselig, langfristig aber erfolgversprechend.

Bleiben Sie engagiert!

Gerührt nimmt Peter Emoriken-Donatus den Preis entgegen – und widmet ihn Ken Saro-Wiwa. Der Schriftsteller und Bürgerrechtler wurde mit acht weiteren Aktivisten vor 27 Jahren in Nigeria hingerichtet, weil sie gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen im Nigerdelta durch den Ölmulti Shell gekämpft hatten. Noch heute gilt das Nigerdelta als einer der schlimmsten Ökozid-Hotspots weltweit.

Peter Emorinken-Donatus mit Gereon Asmuth (l.), Clara Mayer und Ruth Fuentes Foto: Anke Phoebe Peters

Die Journalistin Elke Schmitter aus dem Kuratorium der Panter Stiftung verkündet im Anschluss den Gewinner des Publikumspreises. In ihrer literarischen Laudatio zitiert sie den Briten Thomas Spencer: „Jeder Mensch braucht Boden, um zu leben. Warum verpachten wir ihn nicht an jene, die ihn bewirtschaften?“ Damit stellt Schmitter einen offensichtlichen Bezug zum zweiten Preisträger her: der BioBoden Genossenschaft.

Uwe Greff nimmt den Le­se­r:in­nen­preis unter Applaus entgegen, kündigt an, die ausgelobten 5.000 Euro unter den sechs nominierten Projekten aufzuteilen – und spricht allen Mut zu: „Nur gemeinsam schaffen wir das.“

Nach den Dankesworten von Lena Graser, der neuen Projektleiterin der Panter Stiftung, an alle, die an der Preisverleihung mitgewirkt haben, versammeln sich die sechs Projekte für ein Abschlussfoto am Ende erneut zusammen auf der Bühne. Und Gereon Asmuth gibt den Gästen noch eine Botschaft mit auf den Weg: „Aufgeben ist keine Option. Bleiben sie engagiert!“

Die Preisverleihung fand als hybride Veranstaltung statt – mit einigen Gästen vor Ort in der taz Kantine und als Liveübertragung im Internet. Wer sie verpasst hat, kann sich die Videoaufzeichnung jetzt noch hier angucken.