Pankower Moschee: Heinersdorf hat endlich seine Moschee
Im Pankower Ortsteil Heinersdorf ist am Donnerstag die erste neu gebaute Moschee in Ostdeutschland eröffnet worden. Sowohl die Gegner als auch die Befürworter gingen auf die Straße
Begleitet von Protesten beider Lager ist am Donnerstagabend die umstrittene Moschee in Pankow-Heinersdorf eröffnet worden. Die muslimische Ahmadiyya-Gemeinde begrüßte zur Einweihungsfeier etwa 250 Gäste, darunter der in London residierende Kalif Hazrat Mirza Masroor Ahmad, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) und der Integrationsbeauftragte Günter Piening.
Er wünsche sich, "dass wir gute Nachbarn werden, dass Verstehen und Verständnis wächst, auf beiden Seiten", sagte Thierse während der Feierlichkeiten. Er wies allerdings darauf hin, dass Religionsfreiheit nicht nur hier eine Selbstverständlichkeit sein müsse - sondern auch im islamisch geprägten Teil der Welt. "Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden."
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) beglückwünschte die Gemeinde. Die Moschee stehe für religiöse und kulturelle Toleranz in der Stadt, erklärte er. "Es ist wichtig, dass Menschen unterschiedlicher Religionen und Herkunft im Dialog sich besser kennenlernen und Vorurteile abbauen."
Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte die Moschee zuvor schon als positives Beispiel für einen offenen Neubau gelobt. Er stufe die Ahmadiyya-Gemeinde zwar als als orthodox ein, extremistische Tendenzen beobachte er nicht, sagte Körting. Der Innensenator zeigte aber auch Verständnis für die Kritiker. "Das sind eben Bürger, die ihre Ängste haben."
Die Gegner der Moschee demonstrierten am Abend an der Prenzlauer Promenade, etwa 100 Meter von der Moschee entfernt. Allerdings fanden sich nur etwa 50 Leute ein. Entgegen den ursprünglichen Pläne blieb es bei einer Kundgebung.
In Heinersdorf bildeten etwa 100 Moscheebefürworter eine Menschenkette als ein "Band der Toleranz". Bevor er zur Eröffnung der Moschee ging, wertete Günter Piening die Moschee vor den Demonstranten als "gelungenes Beispiel für eine Auseinandersetzung mit dem Konflikt". Diskussionen über Moscheebauten werde es immer geben, so Piening. "Die Frage ist, ob die Gegner Rückhalt in der Bevölkerung finden." Das sei in Heinersdorf nicht mehr der Fall. Insgesamt waren am Donnerstag 500 Polizeibeamte im Einsatz.
Die Moschee war seit Bekanntwerden der Baupläne Ende 2005 umstritten. Stoff für die Gegner bot die Tatsache, dass die Ahmadis ihren im 19. Jahrhundert geborenen Begründer Mirza Ghulam Ahmad als letzten Propheten des Islams betrachten und deshalb weltweit von vielen Muslimen als abtrünnige Sekte betrachtet werden. Auch der Standort der Moschee erregte das Misstrauen vieler Anwohner. Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinde leben bisher nicht in Heinersdorf, die Gemeinschaft ist in Reinickendorf ansässig.
Die Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger (Ipahb) sammelte 20.000 Unterschriften gegen den Moscheebau. Ihr Antrag auf ein Bürgerbegehren wurde vom Bezirksamt dennoch abgelehnt. Dass auf Demos der Ipahb immer wieder auch Rechtsextreme mitmischten, ließ die Unterstützung für die Interessengemeinschaft in der Bevölkerung sinken.
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