Panegyrik: Erlebt eine fast vergessene Kunstform ihr Comeback?:
Juristische Verwerfungen und die Hasenfüßigkeit einer deutschen Regierung könnten es bewirken, dass sich die Protagonisten der elaborierten Erdoğan-Schmähung bald mit einer neuen Kunstform beschäftigen müssen – der Panegyrik, wie man das katzbuckelnde Heranschleimen an höher gestellte Persönlichkeiten in manierlich gesetzten Versen seit der Antike nennt. Eines der beliebtesten Objekte dichterischen Beschmeichelns war in der Neuzeit die Lichtgestalt Josef Stalin, dem der Dichter und Politiker Johannes R. Becher diese unvergänglich schwülstigen Zeilen widmete: „Vergleichen wir die Genien mit den Sternen / So glänzt als hellster der, der Stalin heißt …“ Aus der oralen Tradition Afrikas vermögen den modernen Zwangspanegyriker die Praise-Poets der Zulu zu inspirieren, die mit high-pitched voices und in rasanter Geschwindigkeit den jeweiligen Auftraggeber ihres Poems über den grünen Klee loben. Wenn Jan Böhmermann also künftig in schrillem Falsett Weisheit, Güte, Allmacht und Fruchtbarkeit der mächtigen Kanzlerin preist, muss das nicht zwangsläufig Satire sein.
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