■ Pampuchs Tagebuch: Der Friedensplan
Mit dem österlichen Frieden ist es ja dieses Jahr nun wirklich nicht weit her. Da wollte ich den Ostertag dazu verwenden, mal in die Mailbox zu gucken, und siehe, brave Leser haben sich gemeldet. Sabine, taz-Leserin mit der anregenden Adresse bella donna, hat mir ein Schaf geschickt, das jetzt auf meinem Bildschirm herumhopst und neugierig an dieser entstehenden Kolumne schnuppert. Und dazu hat bella donna geschrieben: „Solltest Du jemals 'rausfinden, wie man den Krieg beenden kann – erzähl's.“ Wie um mich daran zu gemahnen, grummelt das Schaf jetzt unten an der Befehlsleiste herum und hüpft ab und zu über den Text. Ich werde das Gefühl nicht los, es könnte vielleicht ein Wolf im Schafspelz sein, zumal mir der Redakteur dieser Seite gesagt hat, es gebe inzwischen auch ein virusverseuchtes Muster dieser Netztierchen. Dann aber, bella donna, gibt's Ärger!
Von einem Walter habe den Hinweis erhalten, daß wir doch seit Karl Marx wüßten, daß alles – Nationalismus, Separatismus und eben auch Nato-Aktionen – wirtschaftliche Ursachen habe. Na, aber klar doch. Ich wollte ja in der letzten Kolumne in einem kunstvollen Abschlußsatz angeregen, die Nato solle die F-177 lieber heil (und ohne Bomben) nach Belgrad schicken. Aber aus Platzgründen und wegen der Gedrängtheit meiner Argumentation wurde das gestrichen. Was ich meinte, war, daß Menschen, die genügend Geld haben – und sei es, für einen Stealth-Bomber – möglicherweise nicht so schnell ans Morden denken. Zugegeben, bella donna, auch diese Überlegung ist noch kein echter Friedensplan, nur scheint es mir, daß wir mit den Unsummen, die jetzt dieser Krieg verschlingt, im Vorfeld sowohl Serben wie Albaner möglicherweise ein wenig pazifizieren hätten können. Nach dem Krieg müssen wir es sowieso tun, da wird es dann freilich noch schwieriger und noch teurer. Aber hinterher ist man immer schlauer. Wenn das einer weiß, sind es wir Deutschen, und die Serben lernen es gerade.
Wie man sich bei der jungen Generation heutzutage ökonomischen und sozialen Problemen analytisch nähert, darüber habe ich durch eine Mail von einer gewissen Elena Aufschluß erhalten, die ich hiermit dokumentiere: „Sehr geehrter Herr Pampuch,“ so mailt sie, „in Erdkunde muß ich mit meiner Klassenkameradin ein Referat über ,Umwandlung der Industrie und soziale Probleme in Rußland‘ halten. Besonders über die Industrie haben wir bis jetzt noch nichts Brauchbares gefunden. Okay, wir haben auch noch nicht die Welt auf den Kopf gestellt, um etwas zu finden, aber im Internet habe ich schon mal geguckt und bin eher bei russischen Partnervermittlungen als bei Berichten über die Industrie gelandet. Da Sie anscheinend viel im online sind, wäre es doch möglich, daß Sie da zufällig mal was entdeckt haben, oder? Man könnte es natürlich auch so ausdrücken: Sie müssen doch wissen, wo es so etwas gibt, also mailen Sie mir bitte die entsprechenden Adressen. Es geht so um die Zeit von Gorbatschow oder so, diese große Umwandlung in jüngster Zeit halt. Glaube ich zumindest. Danke.“
Also, liebe Elena, bei allem Interesse für die sozialen Probleme in Rußland, die Welt auf den Kopf stellen würde dafür ich auch nicht, das besorgen im Moment andere. Und was ist eigentlich gegen eine multiethnische Partnervermittlung zu sagen? Da könnte man glatt eine Industrie draus machen. Und dazu vielleicht auch noch einen Friedensplan. Für serbisch-albanische Mischehen oder so. Das wäre doch mal eine große Umwandlung. Glaube ich zumindest. Thomas Pampuch
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