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Palästinenserlager Chatila nahezu zerstört

■ Achtmal hat die Amal–Miliz am Sonntag versucht, die palästinensischen Flüchtlingslager in Beirut zu überrennen / In Damaskus finden Beratungen mit syrischen, libanesischen und islamischen Politikern um einen dauerhaften Waffenstillstand im Libanon statt

Beirut (ap) - Nach den bisher schwersten Kämpfen in dem seit drei Wochen tobenden Krieg zwischen der Amal und palästinensischen Guerillaverbänden schwiegen im Libanon am Sonntag die Kanonen. Der Chef der schiitischen Amal–Miliz, Nabih Berri, hatte am Vortag einen einseitigen Waffenstillstand verkündet. Am Samstag waren bei den Auseinandersetzungen um die Flüchtlingslager in Beirut und in Südlibanon 25 Menschen getötet und 77 weitere verletzt worden. Nach Angaben der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) soll das Flüchtlingslager Chatila im Westen Beiruts zu 85 Prozent zerstört worden sein; nahezu 9.000 seiner Bewohner seien in sichere Gebiete geflohen. Der Polizei zufolge wurde die Waffenruhe nur durch vereinzelte Schüsse unterbrochen. Der Chef der Amal hatte seine Kämpfer am Samstag abend aus Damaskus zu der Waffenruhe aufgerufen. Die Amal–Miliz hatte während des Tages achtmal versucht, die palästinensischen Flüchtlingslager in Beirut mit Panzerunterstützung zu überrennen. Berri, der auch libanesischer Justizminister ist, nahm in der syrischen Hauptstadt an Beratungen mit syrischen, libanesischen und iranischen Politikern teil, die sich bemühen, einen dauerhaften Waffenstillstand in Libanon zu erreichen. Ein Amal–Sprecher teilte mit, die Waffenruhe solle zunächst bis Sonntag vormittag dauern, könne aber dauerhaft werden, wenn die Palästinenser sie einhielten. Dem Sprecher zufolge war für Sonntag in Beirut ein Treffen von Vertretern der Amal, der Palästinenser, Irans sowie syrischer Armeebeobachter geplant, die sich gemeinsam um eine Verlängerung der Waffenruhe bemühen wollen. Bei den israelischen Luftangriffen auf Ziele in Nordlibanon sind in der letzten Woche nach Mitteilung der von Abu Nidal geleiteten palästinensischen Splittergruppe „Fatah–Revolutionsrat“ fünf Guerillas, darunter der Abu Imad genannte Stellvertreter Abu Nidals, ums Leben gekommen. Die für Montag geplante Fortsetzung einer Außenministersitzung der Arabischen Liga in Tunis ist, wie am Samstag mitge teilt wurde, auf Ersuchen der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) auf einen unbestimmten späteren Termin verschoben worden. Der Ministerrat der Liga war am Montag und Dienstag der abgelaufenen Woche zu einer Sondersitzung zusammengetreten, um auf Antrag der PLO nach Möglichkeiten zu suchen, mit denen die Angriffe der schiitischen Amal–Miliz auf Palästinenserlager in Libanon beendet werden könnten. Wie am Samstag aus Kreisen der Liga verlautete, haben die Konsultationen keine konkreten Ergebnisse erbracht. Die PLO hatte dem Ministerrat empfohlen, eine arabische Streitmacht zum Schutz der Palästinenserlager nach Libanon zu entsenden. Dieser Vorschlag war nach Auskunft unterrichteter Kreise sowohl von Libanon als auch von Syrien abgelehnt worden.

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