piwik no script img

Palästinenserhilfe in allerletzter Minute

Palästinenser, Israel und Geberländer angeblich über Hilfsprogramm für Autonomie einig  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israel, mehrere Geberländer und die Palästinensische Autonomiebehörde haben sich nach israelischen Berichten auf ein Hilfsprogramm für die palästinensischen Autonomiegebiete geeinigt. Der israelische Rundfunk meldete gestern, die Übereinkunft sei am Vortag in Paris zustande gekommen. Sie sehe unter anderem die Finanzierung des palästinensischen Haushaltsdefizits vor, das bis zum Jahresende voraussichtlich 113 Millionen US-Dollar erreicht haben wird. Der Bericht wurde von keiner der beteiligten Seiten bestätigt oder dementiert.

Die derzeitige wirtschaftliche Lage in den Autonomiegebieten Gaza-Streifen und Jericho könnte leicht zum Zusammenbruch der Selbstverwaltung führen. Für die Krise sind neben Fehlern der Autonomiehörden vor allem wiederholte Blockaden durch Israel verantwortlich. Seit Bestehen der Selbstverwaltung haben israelische Soldaten das Gebiet nach palästinensischen Anschlägen mehrmals komplett abgeriegelt. Vor wenigen Tagen erklärte der israelische Stabschef, General Amnon Schachak, vor dem israelischen Parlament, daß durch solche Blockaden zwar „60 Prozent der israelischen Sicherheitsziele“ erfüllt würden. Weil dadurch aber Tausende Palästinenser daran gehindert werden, ihren Lebensunterhalt in Israel zu verdienen, würde die wirtschaftliche Lage der Autonomiegebiete dramatisch verschärft. Nach unabhängigen Schätzungen sollen durch Abriegelungen täglich zwischen einer und zwei Millionen US-Dollar weniger in die Gebiete fließen. Nach Angaben der palästinensischen Gewerkschaftsführung beträgt die Arbeitslosigkeit dort 65 Prozent, israelische Stellen sprechen von 50 Prozent. Die in Paris tagenden Vertreter der Geberstaaten, Israels und der Palästinenser wollen Wege zur Entspannung dieser Situation finden. Bisher haben die Geberstaaten den palästinensischen Behörden weniger als die Häfte der ursprünglich für 1994 zugesagten Summen zur Verfügung gestellt. Palästinensische Vertreter und westliche Diplomaten weisen darauf hin, daß die den Autonomiegebieten durch die israelische Blockade zugefügten wirtschaftlichen Schäden insgesamt der Finanzhilfe gleichkommen, die die Geberstaaten versprochen hatten. Die israelische Zeitung Haaretz berichtete gestern von Klagen der Geberstaaten, daß sich ihre Rolle auf eine Art „Subventionierung der israelischen Blockade“ beschränke. Die Geberstaaten verlangen von Israel freien Warentransfer zwischen dem Gaza-Streifen und der Westbank und die Öffnung der Grenzübergänge von Gaza und der Westbank in die Nachbarstaaten Jordanien und Ägypten für den Güterverkehr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen