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Pakistan: Zusammenstöße nach Razzien

■ Bei blutigen Unruhen zwischen zwei Bevölkerungsgruppen in Karachi sind 124 Menschen ums Leben gekommen / Rivalitäten im Drogen– und Waffenschmuggel / Auslöser waren Polizei–Razzien im Wohnviertel der Pathanen / Karachi zentraler Drogenumschlagsplatz

Karachi (dpa) - Die Unruhen in Karachi, bei denen seit Sonntag 124 Menschen umgekommen sind, scheinen am Dienstag abge flaut zu sein. Der pakistanische Diktator Zia ul Haq und Ministerpräsident Khan Junejo sind am Dienstag in der Sechs–Millionen– Stadt eingetroffen, um sich vor Ort ein Bild von der Situation zu machen. Im Stadtteil Orangi, einem Zen trum der blutigen Zusammenstöße zwischen den beiden rivalisierenden Bevölkerungsgruppen Pathanen und Biharis, und anderen Vierteln patrouillierten auch am Dienstag Armee–Einheiten. Für weite Teile des Stadtgebiets von Karachi besteht weiterhin eine absolute Ausgangssperre. Die Gewalttätigkeiten zwischen Pathanen und Biharis waren ausgebrochen, nachdem die Polizei am Freitag in Wohnvierteln der Pathanen mit Razzien begonnen hatte, um den verbotenen Handel mit Drogen und Waffen zu unterbinden. Pathanen und Biharis gelten als die größten Konkurrenten im Drogen– und Waffenschmuggel. Ihre Lager bei Karatschi werden als einer der größten Drogenumschlagplätze in Asien bezeichnet. In vielen Stadtteilen sollen noch von den Bewohnern errichtete Barrikaden stehen. Das öffentliche Leben liegt weiterhin brach. Verkehrsmittel sind nicht in Betrieb, Geschäfte und Industriebetriebe blieben geschlossen. Obwohl Pathanen von Hügeln oberhalb der Stadt angeblich weiterhin schießen sollen, liegen keine Angaben über neue Opfer von Gewalttaten vor. Der Polizeichef der Stadt, Salman Khaliq, gab bekannt, daß die seit vergangenem Freitag laufenden, großangelegten Razzien gegen Drogen– und Waffenverstecke in Pathanen–Vierteln bald abgeschlossen seien. Sie hatten zum Ausbruch der Gewaltätigkeiten geführt, weil Pathanen die Biharis der Denunziation bezichtigten. Bei den Durchsuchungsaktionen sollen bislang eine halbe Tonne Heroin und eine große Zahl illegal gehandelter Waffen beschlagnahmt worden sein. Ungefähr 4.000 afghanische Flüchtlinge, die mit Pathanen zusammenarbeiten, wurden in ein Zeltlager gebracht, das zehn Kilometer von Karachi entfernt ist. Pathanen beschuldigen die Biharis, die auch Mohajirs (“Flüchtlinge“) genannt werden, sie aus ihren angestammten Rechten zu verdrängen. Die Biharis sind Moslems, die 1947 nach der Aufteilung des indischen Subkontinents in das hinduistische Indien und das islamische Pakistan ihre Heimatgebiete im heutigen Indien verließen.

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