PSM: Paolo Chiasera spielt Dr. Frankenstein
Monströs kann man die Berliner Galerienlandschaft bisweilen durchaus finden, vor allem im Mai, wenn einen das enorme Angebot an Ausstellungen und Positionen beinahe umhaut und man nach einer Tour gar nicht mehr genau weiß, was man überhaupt gesehen hat. Die originellste Reaktion auf diese Übersättigung und den daraus folgenden Erinnerungsnebel stammt derzeit von Paolo Chiaseras. Er hat sich einmal quer durch die Galerien der Stadt auf Plünderzug begeben und aus den gesammelten Versatzstücken einen ganzen Zoo an Monstern erschaffen. In der PSM Gallery hängt dieser nun an den Wänden. Seine Frankensteine strecken dem Publikum in Jürgen-Klauke-Pose das Hinterteil samt damit verwachsenem Stahlobjekt von Melvin Edwards entgegen, das linke Bein eine Klauenskulptur von Kasia Fudakowski, der Kopf wie von Charline von Heyl gemalt. Matti Brauns Porzellanvase trägt Irokesenschnitt und Gesichtszüge aus einer Fotografie Harald Hauswalds; Olaf Metzels Pistole ruht auf Charlotte Posenenskes Vierkantrohr mit Fernanda-Fragateiro-Anbau. Und so weiter und so weiter.
Vorbild für die Arbeiten war die Künstlerliste der 54 Teilnehmer des Gallery Weekends. In jedem Bild lässt Chiasera ungeniert zwei bis fünf seiner Kolleg_innen aufeinandertreffen, Elemente bekannter Werke verschmelzen zu Hybriden. Was jeweils von wem stammt, steht allerdings nicht dabei. Nur die aufgedruckten Buchstabenkombinationen bieten Anhaltspunkte und natürlich die zitierten Arbeiten selbst. Der Ausstellungsbesuch wird zum Quiz. Im Mittelpunkt die Frage, was ein Kunstwerk so einzigartig macht, dass es im Gedächtnis bleibt. BSH
Bis 17. 6., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Köpenicker Str. 126
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