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PRESS-SCHLAGDer geprügelte Hund

■ Streit um den olympia-untauglichen Basketball-Star und zweimaligen NBA-Champion Isiah Thomas

Für die Olympischen Spiele hatten die Millionäre der US-Basketball-Liga NBA in der Vergangenheit allenfalls ein abschätziges Naserümpfen übrig gehabt. Höchstens während ihrer Lehrzeit als College-Cracks waren sie zum Kampf um die Goldmedaillen zu bewegen, so wie beispielsweise Patrick Ewing und Michael Jordan 1984 in Los Angeles. Aber „Magic“ Johnson auf olympischem Parkett? Das wäre wie Mick Jagger auf der Kirmes von Künzelsau.

Doch die Öffnung Olympias für Top-Professionals hat nun auch die NBA erfaßt. Nach Barcelona wird das beste Team reisen, das je eine Basketball-Arena betreten hat. Magic Johnson, Michael Jordan, Larry Bird, Patrick Ewing, Charles Barkley, die ja selbst beim traditionellen All-Star-Game des Ostens gegen den Westen in verschiedenen Mannschaften spielen, werden sich erstmals in einem halbwegs ernsthaften Wettbewerb die Bälle zuwerfen, und selbst die Harlem Globetrotters dürften gegen diese Truppe wirken wie die alten Herren von Bayer Leverkusen.

„Wenn man ehrlich ist, spielt es doch keine Rolle, gegen wen wir spielen“, sagt Michael Jordan, nach dem in seiner Heimat North Carolina gerade ein zwölf Kilometer langes Stück des I-40-Freeways benannt wurde. „Alles andere als klare Siege und eine Goldmedaille wäre eine Niederlage.“

Magic Johnson von den Los Angeles Lakers sieht die Sache ebenfalls recht locker: „Ich dachte mir, ich habe jeden möglichen Titel, warum nicht auch die olympische Goldmedaille?“ Mit dem olympischen Gedanken habe das alles sowieso nichts mehr zu tun. In der Tat. Die verwöhnten Großverdiener denken natürlich nicht daran, im Olympischen Dorf unterzuschlüpfen, sondern werden in den teuersten Hotels die Zimmer mit den längsten Betten, dem besten Room-Service und — das Wichtigste — amerikanischem Fernsehen mieten.

Cheftrainer des Traumteams ist Chuck Daly von den Detroit Pistons, ein besonders pikanter Umstand. Denn ausgerechnet sein Topstar Isiah Thomas, der die Pistons zu zwei Meistertiteln führte, darf nicht mit nach Barcelona und ist darob schwer getroffen. „Ich fühle mich wie ein Kind, das auf dem Schulhof vom Spiel ausgeschlossen wird“, sagte Thomas, der ohne Zweifel zu den besten NBA-Akteuren nach Jordan und Johnson zählt. Jeden Vorfall der letzten zehn Jahre habe er Revue passieren lassen, um herauszufinden, warum man ihn nun wie einen geprügelten Hund fortjagt.

Andere suchten nicht so lange, sondern deuteten schnurstracks auf Michael Jordan, den alten Intimfeind von Isiah Thomas. Jordans Anwesenheit im Olympia- Team gilt wegen seiner weltweiten Berühmtheit als absolut unverzichtbar, doch der flugbegabte Superstar war anfangs gar nicht so begeistert von der Barcelona-Idee. Er habe sich geweigert, mit Thomas zusammenzuspielen, wird vermutet, ein Vorwurf, den Jordan massiv bestreitet.

Tatsache ist jedoch, daß Isiah Thomas und seine Pistons nicht gerade über eine große Lobby verfügen. Sie sind die Bösewichte der Liga, die ihre Gegner mit brutalen Fouls, unflätigen Beschimpfungen und anderen Fiesheiten einzuschüchtern versuchen, eine Taktik, die besonders Jordan immer scharf kritisiert hatte, der in der letzen Saison das Detroit-Team mit seinen Chicago Bulls ausschaltete und dann gegen die Lakers den Titel gewann. So verwundert es kaum, daß sich nur eine einzige verzagte Stimme gegen den Ausschluß von Thomas erhob, die des Patriarchen der NBA, Magic Johnson.

Die Vertreter der Presse halten da mit ihrem Unmut weniger hinter dem Berg. „Und wenn Isiah Thomas Saddam Hussein wäre“, schimpft die 'Herald Tribune‘, „sollte er immer noch ins Team.“ Matti

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