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PRESS-SCHLAG„Brothers from the hood“

■ Traumteam des US-Basketballs für Olympia qualifiziert

Der schönste Augenblick für die kubanischen Basketballspieler beim Olympiaqualifikationsturnier in Portland kam vor dem Match gegen die USA. Schüchtern und in wohlgesetztem Englisch baten sie ihre Kontrahenten, zufälligerweise die besten fünf Basketballer der Welt, zu einem Gruppenfoto in die Mitte des Platzes, und glückstrahlend ließen sie sich mit Magic Johnson, Michael Jordan, Larry Bird, Charles Barkley und David Robinson auf die Platte bannen. Das „Traumteam“ aus der NBA, kurz und prägnant „Dreams“ genannt, ließ sich bereitwillig auf den Fototermin mit Kubas Basketgiganten ein, auch wenn den US- Stars ihre Gegner vollständig unbekannt waren. „Ich kenne nur einen Kerl, den die Kubaner haben“, sagte der notorisch vorlaute Barkley, „diesen großen struppigen Typ mit der Zigarre im Mund.“ Der allerdings hatte es vorgezogen, daheim in Havanna zu bleiben, und sich das, was dann folgte, lieber aus der Ferne zu betrachten.

Denn nach dem Lächeln für die Kamera kam es knüppeldick für die Kubaner. Nach zehn Sekunden erzielte Larry Bird die ersten beiden Punkte, und dann wirbelten Magic und seine Mannen, daß Fidels langen Kerls Hören und Sehen verging. Am Schluß hieß es 136:57, der zweithöchste Sieg, den ein US-Team je erzielte, übertroffen nur von einem 173:14 gegen den Sudan bei der Universiade 1979. „Ich weiß, daß es nichts Perfektes gibt“, sagte Kubas Coach Miguel Calderón Gómez nach dem Match, „aber das war näher daran, als alles, was wir bisher gesehen haben.“ Kubas Star Morales war nach der Lehrstunde keineswegs traurig: „Es war ein Ehre für mich, die Anzeigetafel anzuschauen. Die Differenz machte nichts.“

Besonders aufgeregt vor dem Start nach Olympia war der HIV- infizierte Teamkapitän Magic Johnson, der ein Jahr lang keinen Wettkampf bestritten hatte. Morgens um halb sechs sei er aufgewacht, und bei der Vorstellung habe er eine Gänsehaut bekommen. Wenig später war er dann jedoch „ganz der alte Magic“ (Jordan), die gute Seele des US-Teams.

Wesentlich lockerer geht Michael Jordan an Olympia heran. „Das wird nicht schwierig. Ich werde mich amüsieren, Golf spielen und ausruhen. Wenn wir nicht gegen China gewinnen können, ohne daß ich mehr als sechs Minuten spiele, müßten wir schon arge Probleme haben.“

Dem Sieg gegen Kuba ließen die „Dreams“ in der GruppeA ebenso leichte Erfolge gegen Kanada (105:61), Panama (112:52) und Argentinien (128:87) folgen und sind damit neben Brasilien, das die GruppeB gewann, für Olympia qualifiziert. Die US-Basketballer dürften die einzigen Athleten sein, die mit der Gewißheit nach Barcelona fahren, dort auch Gold zu holen. Als Coach Chuck Daly versuchte, die Klasse seiner Mannschaft mit einer komplizierten Darlegung soziologischer Faktoren zu erklären, kam Barkley den etwas verwirrten Journalisten bereitwillig zu Hilfe: „Was er diplomatisch auszudrücken versucht ist, daß er ein paar ,brothers from the hood‘ hat, die den ganzen Tag lang wild herumspringen können.“ Ein wenig positiver drückte es Miguel Calderón Gómez aus: „In Kuba gibt es ein Sprichwort: Du kannst die Sonne nicht mit dem Finger bedecken.“ Matti

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