PORTRÄT: Neuer Stil beim Bund?
■ Klaus Dieter Naumann, Generalinspekteur der Bundeswehr
Nicht länger „ausschließen“ könnten sich die Deutschen von „kollektiven Militäraktionen der Europäer in Krisengebieten.“ So ließ sich gestern Generalleutnant Klaus Dieter Neumann vernehmen, seit Dienstag dieser Woche neuer Generalinspekteur der Bundeswehr und damit oberster militärischer Berater der politischen Führung in Bonn. Geboren in dem Jahr, als die Deutschen Polen überfielen und den Zweiten Weltkrieg auslösten, zeigte Naumann zugleich einen gewissen Grad von Sensibilität, die seinem schroffen, oftmals reaktionären Vorgänger im Amt, Admiral Wellershof, völlig fehlte. „Ich habe kein gutes Gefühl“, erklärte Naumann, „wenn deutsche Truppen nach Jugoslawien geschickt werden.“ Bliebe er seiner Begründung für dieses „ungute Gefühl“ treu, müßte der neue Generalinspekteur seine Befürwortung deutscher Teilnahme an kollektiven Militäraktionen zumindest innerhalb Europas allerdings revidieren. Naumann: „Man muß bedenken, daß Deutschland in einer besonderen historischen Situation Jugoslawien gegenübersteht.“ Diejenigen unter den derzeit 33 europäischen Staaten, gegenüber denen dieses nicht gilt, sind an einer Hand aufzuzählen. Auch des Generalinspekteurs Plädoyer für deutsche Beteiligung an Militäraktionen außerhalb Europas ist nicht frei von Widersprüchen. Unter Verweis auf den Golfkrieg meinte Naumann, es gehe nicht an, daß „die Deutschen Urlaub machen, während die Italiener und Niederländer in Krisenregionen eingesetzt werden“. Abgesehen davon, daß die wenigsten Deutschen im Januar/Februar in den Ferien weilten: Die deutsche Beteiligung am Golfkrieg durch die Bereitstellung von Logistik, Transportkapazitäten, Waffen und schließlich rund 16 Milliarden Mark war für den Kriegsverlauf wichtiger als die paar italienischen und niederländischen Soldaten. Naumann setzt darauf, daß in der Frage der Ausweitung des Bundeswehrauftrags trotz dieser Ungereimtheiten bald eine „politische Entscheidung in unserem Land herbeigeführt“ wird. Auf seinem Posten bei der Nato in Brüssel seit 1981 und in der Bonner Hardthöhe seit 1986 genoß der — gesprächs- und vermittlungsfähige — Naumann hohes Ansehen auch bei Oppositionspolitikern und kritischen Journalisten. Mit ihm kommt zumindest ein neuer Stil in das Amt des Generalinspekteurs. Andreas Zumach
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