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PORTRAITDeutschbänker Abs wird 90

■ Karrierehöhepunkt im Dritten Reich schadete ihm nicht

Frankfurt (ap) — Nur wenige Lebensläufe machen die Kontinuität deutscher Geschichte in diesem Jahrhundert so deutlich wie dieser. Noch im Kaiserreich geboren und aufgewachsen, lernte der Bonner Bürgersohn Hermann Josef Abs, der morgen neunzig Jahre alt wird, das Bankiershandwerk in den finanzpolitischen Wirren der Weimarer Republik. Seine Karriere erreichte ihren ersten Höhepunkt in der NS-Zeit, als der sprachbegabte Auslandsexperte mit nur 36 Jahren zum jüngsten Vorstandsmitglied der Deutschen Bank avancierte. Sie schien 1945 an ihrem Tiefpunkt angelangt, als die Alliierten ihn in Hamburg — für kurze Zeit— in Haft nahmen.

Zu Deutschlands berühmtestem Bankier wurde Abs jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Seinem Landsmann und Freund Konrad Adenauer diente er jahrelang als vertrauter Ratgeber. Damit begründete er eine Beratertradition, die sich vom Deutsche- Bank-Chef Karl Klasen und Kanzler Helmut Schmidt über Alfred Herrhausen und Helmut Kohl fortsetzte. 1948 organisierte Abs maßgeblich die Kreditanstalt für Wiederaufbau und damit die Finanzierung des deutschen Wirtschaftswunders. Vier Jahre später handelte er als deutscher Delegationsleiter in London ein internationales Schuldentilgungsabkommen aus, das der deutschen Wirtschaft Zugang zu neuen Auslandskrediten verschaffte. Zugleich waren damit die internationalen Grundlagen für die Souveränität der Bundesrepublik gelegt.

Abs verkörpere „im besten Sinne des Wortes ein Stück deutscher Geschichte“, erklärt die Deutsche Bank zum 90. Geburtstag ihres Ehrenvorsitzenden. Vielen gelte der Jubilar als der größte Bankier seiner Zeit. Doch mehrfach — zuletzt noch 1989— verweigerte ihm die SPD-Fraktion im Rathaus seiner Heimatstadt die Ehrenbürgerschaft mit den Worten, die Deutsche Bank — und damit auch Abs — habe „gemeinsame Sache mit den Nazis gemacht“.

1971 wurde er von einer Gewerkschafterdelegation aufgesucht, nachdem in einem aufsehenerregenden Buch die Behauptung aufgestellt worden war, Abs habe im Dritten Reich an der „Arisierung“ jüdischen Besitzes mitgewirkt. Der Autor des Buches wurde 1972 vom Stuttgarter Landgericht zur Zahlung von zwanzigtausend Mark Schadenersatz verurteilt, da er seinen Vorwurf nach Auffassung des Gerichts nicht beweisen konnte.

Glaubt man Aussagen aus der Umgebung des Bankiers, ist Abs mit sich und seiner Vergangenheit im reinen. Gewiß habe er zu denjenigen gehört, „die im Dritten Reich etwas zu sagen hatten“, doch ein „schlechtes Gewissen hat er deswegen nicht“, berichtet eine ehemalige enge Mitarbeiterin. Inzwischen ließen ihn die Anfeindungen unberührt. Ein NS- Anhänger sei er sicherlich nicht gewesen, und schließlich habe er auch in den dreißiger und vierziger Jahren „nur seinen Job gemacht“.

Die nach dem Krieg zunächst zerschlagene Deutsche Bank führte Abs nach ihrer Neugründung 1957 zehn Jahre lang als Sprecher, bis 1976 saß er anschließend ihrem Aufsichtsrat vor. Das Sammeln von Aufsichtsratsposten betrieb kein anderer Finanz- oder Wirtschaftskapitän so passioniert wie er; zeitweise kontrollierte er als Vorsitzender des Aufsichtsrates die Geschicke von mehr als 30 Aktiengesellschaften. Unverhohlen wurde eine 1965 vollzogene Neuregelung des Aktienrechts, die die Zahl seiner deutschen Aufsichtsratsmandate auf 14 schrumpfen ließ, „Lex Abs“ genannt.

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