PORTRAIT: Malis „kleiner Bruder“
■ Alpha Oumar Konare, Präsident eines armen Landes
Berlin (taz) — Der unbekannteste Staatschef der Welt — so könnte ein Urteil über den Sieger der malischen Präsidentschaftswahlen vom Sonntag lauten. Sein eigenes Volk kennt den 46jährigen Alpha Oumar Konare jedoch gut — als einen Widerständler der ersten Stunde gegen die 1991 gestürzte Militärdiktatur von Moussa Traore, als Direktor der angesehensten malischen Zeitung 'Les Echos‘ und als Führer der größten politischen Partei, „Assoziation für die Demokratie in Mali“ (ADEMA).
Als „kleiner Bruder“ trat Konare im Wahlkampf auf, und er setzte viel daran, sich mit dem Nimbus der Jugendrevolten zu umgeben, die 1990 die Diktatur erschütterten und sich 1991 zum allgemeinen Volksaufstand ausweiteten. Ganz einfach fiel ihm dies nicht, war er doch bereits 1979-80 Kulturminister unter Traore gewesen. Den Verdacht allzugroßer Nähe zum „alten Regime“ wurde er nie ganz los, ebensowenig den Verdacht des Machtstrebens. In den politischen Vordergrund trat er erst, als es um die Kommunal-, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ging. Anstatt sofort nach Traores Sturz im März 1991 Mitglied des „Übergangskomitees zur Rettung des Volkes“ zu werden, konzentrierte er sich auf den Aufbau seiner Partei, die alle Wahlen auch souverän gewann. Während der Nationalkonferenz im vergangenen Sommer und während der langgezogenen Wahlkämpfe Anfang dieses Jahres suchte er Brücken zu bauen zu den Nachfolgern des „alten Regimes“ und sah sich demzufolge immer wieder Anwürfen der radikaleren Militärgegner ausgesetzt. Doch auf Wahlauftritten machte er den Eindruck des Realisten, der die Schwierigkeiten der Wirtschaftskrise, der nationalen Versöhnung und des Übergangs zur Demokratie nicht verbarg. Mit seiner Wahl wird Mali zum fünften afrikanischen Staat — nach den Kapverden, Sao Tome, Benin und Sambia — der im Zuge der afrikanischen „Perestroika“ einen demokratischen Machtwechsel vollzieht. Konares erstes Problem wird nun darin bestehen, seinen zahlreichen Anhängern Pöstchen zu verschaffen — oder dem diesbezüglichen Druck zu widerstehen. Es wird zum großen Teil von der Unterstützung des Auslands abhängen, ob er seinem heruntergewirtschafteten Land eine Perspektive geben kann oder aber aus der ökonomischen und politischen Defensive heraus dem Wahlpopulismus verfällt. D.J.
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