PORTRAIT DIETER HOENESS VON JOHANNES KOPP : Der Verkannte
Die sportliche Bilanz von Dieter Hoeneß beim VfL Wolfsburg ist wahrlich ernüchternd. Als der Werksklub in der vergangenen Saison als Titelverteidiger antrat und dann im Mittelmaß versank, wurde Hoeneß verpflichtet, um den Verein wieder nach oben zu führen. Nun stehen die Norddeutschen kurz vor einem Abstiegsplatz. Nach der unglücklichen 1:2-Niederlage beim SC Freiburg dürfte der auf Hoeneß lastende Druck kaum noch aufzuwiegen sein.
Doch auch wenn Hoeneß seinen Platz in Wolfsburg noch nicht räumen muss, abgeurteilt ist er schon lange. Als Geldvernichter wurde er die letzten Tage allerorten abgekanzelt. Der Vorwurf ist so alt, wie Dieter Hoeneß im Geschäft ist. In Berlin bei Hertha BSC hinterließ der 58-Jährige fraglos ein schweres Erbe. Für seinen Ruf als Schuldenmeister hat er einiges getan. Allerdings fehlt es bislang an sachlichen Gründen, sein Wirken in Wolfsburg mit seiner Arbeit bei Hertha gleichzusetzen. Im Nachhinein erweist sich zwar jetzt der Tausch Diego gegen Misimovic als schlechtes Geschäft, aber in der Bundesliga hätten sich wohl viele Diego-Verehrer auf diesen Handel eingelassen. Im Falle von Edin Dzeko pokerte Hoeneß hingegen so lange, bis Manchester City bereit war, die Bundesliga-Rekordsumme von 35 Millionen Euro nach Deutschland zu überweisen. Und der VfL-Manager widerstand der Versuchung, sogleich einen zweistelligen Millionenbetrag für den unentwegt treffenden Freiburger Stürmer Papiss Demba Cissé zu reinvestieren. Stattdessen verpflichtete er für 15 Millionen Euro fünf Spieler – unter anderem den deutschen Nationalspieler Patrick Helmes, der seine Torgefährlichkeit schon oft unter Beweis gestellt hat und auch am Samstag in Freiburg traf. Den Restbetrag vom Dzeko-Batzen legte Hoeneß zur Seite.
Entgegen allen Vorurteilen mutet diese Transferpolitik maßvoll und klug an. Unverständlich bleibt derzeit nur, warum Hoeneß in der brenzligen Situation dem unerfahrenen und um Autorität kämpfenden Trainer Pierre Littbarski vertraut.