PODIUMSDISKUSSION : Selbstermächtigung des Porträtierten – fotografische Inszenierung von Sinti und Roma
Das Bild der Sinti und Roma ist von jeher durch Fremdbestimmung geprägt. Dabei steht kein anderes Medium so sehr für den Blick der Anderen – vornehmlich weißer Westeuropäer – auf die osteuropäischen Roma wie die Fotografie. Fotos tradieren die immer gleichen Stereotypen: Verarmung und Not, vor allem aber die „Andersartigkeit“ der Roma. Geradezu ikonografisch dafür steht das Foto, das die Schweizer Weltwoche im April auf ihr Cover hob: Ein achtjähriger Roma-Junge aus dem Kosovo zielt mit einer Spielzeugpistole auf den Betrachter. Die Galerie Kai Dikhas widmet sich der zeitgenössischen Kunst von Roma und der Gratwanderung zwischen Fremdbild und Selbstbild. Am Donnerstag diskutieren der Fotograf Nino Nihad Pusija, Fotograf Alain Keler, Autorin Cia Rinne und der Kurator der Galerie Kai Dikhas, Moritz Pankok, über ihre persönlichen Erfahrungen und den Umgang mit dem medialen Bild der Minderheit. Anlass für die Diskussion ist Nino Nihad Pusijas Fotoausstellung „Roma é Roma – Roma in Rom“ in der Galerie Dikhas. Pusija wurde in Sarajevo geboren und lebt in Berlin. Seit Jahren begleitet er Roma in Europa. „Dort, wo ich lebe und arbeite, spüre ich Mikrokosmen auf“, sagt Pusija. Immer wieder besuchte er Familien in Rom, die in den unter Berlusconi extra für sie eingerichteten Lagern am Stadtrand unter der ständigen Bedrohung durch rassistische Überfälle leben. Das besondere dieser Porträts ist das Einverständnis der Porträtierten. Zwischen Spontanität und Inszenierung entsteht ein Freiraum abseits des fremdbestimmten Blicks. Pusija geht es dabei um die Selbstermächtigung der Porträtierten, die Rückeroberung des Selbstbildes der Roma.
SONJA VOGEL
■ Diskussion „Blick der Anderen – Selbstbild und Fremdbild der Sinti und Roma“, 8. November, 19.30 Uhr in der Galerie Dikhas, Prinzenstraße 85D. Ausstellung „Roma é Roma“, bis 30. November