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PKW als „Geldwegwerfmaschine“

■ Was kostet der Bremer Verkehr? / Bremer Professor entzaubert Automythos: Eine ökologische Stadtplanung rechnet sich

„Bislang wurde von Planern argumentiert, ökologische Verkehrsplanung sei teuer. Das ist falsch. Genau das Gegenteil ist richtig“, meint Arno Gahrmann, Professor an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Bremen. Gahrmann ist Mitarbeiter des Forschungsprojektes „Ökologische Mobilität in Stadtregionen“des Wuppertal-Institutes, über das die taz jüngst berichtete. Gahrmanns Erkenntnis: Je weniger autogefahren wird und je mehr öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden, um so billiger wird es für alle.

„Bei der Berechnung einer Autofahrt, berücksichtigen AutofahrerInnen nur die Benzinkosten“, meint der Professor und stellt eine ganz andere Kostenbilanz auf. Zwar koste ein gefahrener Autokilometer pro Kopf umgerechnet zehn Pfennig Benzin. Aber dazu müssen Anschaffung, Reparaturen und Serviceleistungen wie zum Beispiel ein Ölwechsel gezählt werden (plus 15 Pfennig). Dann der Werteverlust durch Abnutzung (plus fünf bis zehn Pfennig) und das erhöhte Unfallrisiko bei längeren Fahrten (plus fünf Pfennig).

Damit kostet der Kilometer im Auto mit 40 Pfennig doppelt so viel wie eine Busfahrt. „Hätte jeder PKW einen Taxameter, in den für jeden gefahrenen Kilometer der korrekte Betrag eingezahlt wird – die Leute würden erschreckt aus dem Auto steigen“, prophezeit der Forscher.

Nicht nur hohe Ausgaben für die Privathaushalte, auch die drohende Pleite Bremens lastet Gahrmann teilweise dem Individualverkehr an. 135 Millionen Mark weist der Bremer Haushalt als unmittelbare Ausgaben für den PKW-Verkehr aus, wie zum Beispiel den Straßenbau. Aus Kfz-Steuern fließen aber nur 30 Millionen Mark zurück. Volkswirtschaftlich gesehen ist für den Professor ein PKW deshalb eine „Geldwegwerfmaschine“.

Und deshalb rechnet er kühl: Würde die BSAG außerhalb der Spitzenzeiten die Ausnutzung ihrer Busse und Bahnen um 40 Prozent erhöhen, könnte sie ohne einen Pfennig in den Fuhrpark investiert zu haben, 60 Millionen Mark zusätzlich verdienen.

Doch Gahrmann hat noch weitere Ideen: Neben dem car-sharing überlegt er sich noch andere Modelle, um den Individualverkehr einzuschränken. Es sei zu überlegen, ob die Krankenkasse einem selbstverschuldet Verunfallten die Krankenkosten bezahlen muß. „Es ist doch nicht einzusehen, daß die Gemeinschaft bei dem nachweisbaren Risiko des Autofahrens für individuellen, selbst verschuldeten Schaden aufkommen soll. Auch „eine City-card – ähnlich der Bahncard – könnte Busfahren zum halben Preis erlauben. Dafür sollten dann die Parkgebührern drastisch erhöht werden“, denkt Gahrmann laut.

Eine weitere Vision: Das Finanzamt weist einen Freibetrag für eine jährliche Fahrleistung aus. Überschreitet ein PKW Fahrer dieses Limit, wird er herb zur Kasse gebeten. Bleibt er darunter, bekommt er Cash auf die Hand. Dafür werden dann allerdings die Mineralölsteuern stark erhöht. „Es kommt darauf an, kreativ nach Anreizen zu suchen, Individualverkehr zu reduzieren. Sonst macht das Autofahren uns bankrott. Ganz zu schweigen davon, daß es uns die Luft zum Atmen nimmt, unsere Flächen zuasphaltiert und jährlich tausende Menschen das Leben kostet“, fordert der Professor. schuh

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