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■ PDS„Größter Erfolg“

An Selbstbewußtsein ließ es die PDS am Tag nach der gescheiterten Volksabstimmung über den Zusammenschluß von Berlin und Brandenburg nicht fehlen. Den Abstimmungserfolg der Fusionsgegner kürte der PDS-Bundesvorsitzende Lothar Bisky gestern auf einer Pressekonferenz zum „größten politischen Erfolg“ seiner Partei. „Wir sind in der Region Berlin-Brandenburg eine politische Kraft“, betonte er. An der PDS gehe nichts vorbei. Die Brandenburger hätten „sachkundig, mündig und parteiunabhängig“ entschieden und die Fehlentwicklung der Region Berlin und Brandenburg gestoppt.

Lothar Bisky legte allerdings Wert auf die Feststellung, daß die Abstimmung kein Votum des Ostens gegen den Westen gewesen sei. Die Tatsache, daß die Westberliner für, die Ostberliner und Brandenburger gegen die Fusion votiert hätten, wertete der PDS-Bundesvorsitzende allein als Ausdruck des neuen Selbstbewußtseins und der Skepsis der Ostdeutschen. In den letzten Jahren hätten diese viele Erfahrungen mit Versprechen gemacht, die nicht eingehalten worden seien.

In einer von der PDS-Spitze verabschiedeten zweiseitigen Erklärung allerdings wird das Votum gegen die Fusion doch als Ost-West-Konflikt beschrieben. Die Ablehnung sei, heißt es dort, „auch eine Quittung gegen die seit 1990 betriebene Anschlußpolitik“.

Mit der Schuldfrage allerdings wollen sich die Sieger von Sonntag nicht lange beschäftigen. Jetzt stehe, so forderte Bisky, die Frage auf der Tagesordnung, wie Berlin und Brandenburg „zum Wohle der gesamten Region“ miteinander kooperieren könnten. Gemeinsam mit Petra Pau und Wolfgang Thiel, den Landesvorsitzenden von Berlin und von Brandenburg, forderte Lothar Bisky hierzu die Einrichtung eines gemeinsamen parlamentarischen Ausschusses des Brandenburger Landtages und des Berliner Abgeordnetenhauses.

Bisky warnte die beiden Landesregierungen davor, die Staatsverträge, die jetzt zwischen beiden Bundesländern abgeschlossen werden müßten, hinter verschlossenen Türen von den Ministerialbürokratien aushandeln zu lassen. Statt dessen sollten von Anfang an die Parlamente sowie Interessenverbände und Bürgerinitiativen einbezogen werden.

Für das PDS-Bundesvorstandsmitglied André Brie ist die PDS als Partei „gestärkt“ aus der Abstimmung hervorgegangen. Erstmals sei deutlich geworden, daß die PDS „in strategischen Fragen mehrheitsfähig ist“. Die PDS müsse, so fordert Brie in einer ersten schriftlichen Analyse, ihre Fähigkeit, „maßgeblich zu einem Nein beigetragen zu haben, nun zu Gestaltungsfähigkeit entwickeln“. Die PDS habe ihr Potential noch nicht ausgeschöpft. Sie könne, so der PDS-Stratege, „zuversichtlich in den Wahlkampf 1998 gehen“.

Wählerinnen und Wähler anderer Parteien hätten im Osten wie im Westen keine Scheu gehabt, „die gleiche Position wie die PDS zu vertreten“. Christoph Seils

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